bahn

    Neulich in der Vorstellungsrunde beim Treffen der Anonymen ÖPNV-Arschlöcher

    • Hi, mein Name ist Dieter und ich bleibe direkt nach dem Aussteigen gerne stehen und tue orientierungslos, damit die nach mir erstmal warten müssen. Klassiker.
    • Hallo zusammen, ich heiße Renate und bin 27 Jahre alt. Wenn ich einen Sitzplatz ergattern kann, dann schnappe ich ihn mir auch. Am liebsten in einer überfüllten Bahn. Ich freue mich dann diebisch, direkt bei der nächsten Station wieder auszusteigen, damit mir alle Platz machen müssen.
    • Als Autofahrer schimpfe ich sogar über Leute, die das Reißverschlußsystem nicht verstehen. Aber so eine schmale ICE-Tür übt auf mich eine seltsame Faszination aus. Wie man da links und rechts der Aussteigenden wartet, da baut sich so ein unerklärlicher Druck auf. Ich muß dann einfach direkt nach der Person vor mir einsteigen und kann unmöglich diejenige aus der Warteschlange der anderen Seite vorlassen. Ach ja, und ich heiße Thomas.
    • Guten Abend, ich bin Peter und mag es, während der Fahrt viel zu früh aufzustehen. Am besten noch, bevor der Zugführer ansagt »In wenigen Minuten erreichen wir xy.« Enttäuscht bin ich dann, wenn im Vierer sonst keiner an derselben Station rausmuß.
    • Hallo in die Runde, mein Name ich Eva. Vor jeder Station betätige ich zwanghaft die Haltewunschtaste, selbst wenn ich gar nicht aussteigen will. Den Extrakick gibt mir dabei, die Taste kurz vor jemandem zu drücken, der tatsächlich zu halten wünscht.
    • Tach auch. Ich bin der Holger und ich kann den Dieter total verstehen. Nur allein rumstehen reicht mir allerdings nicht mehr, am besten mit soviel Gepäck wie möglich. Dann kann man vor den am Bahnsteig vor den Rolltreppen nämlich gleich noch mal einen Stau verursachen.
    • Oh, dafür liebe ich Koffer und riesige Taschen auch! Ich heiße Ingrid. Vollgepackt für eine längere Zugreise in den ICE steigen, möglichst als erster und natürlich ohne Reservierung. Denn im Waggon will ich ja sofort den ersten türnahen Platz in Beschlag nehmen - davor aber jedes Gepäckstück einzeln auf die Ablage hieven. Und zwar in solcher Breite, daß niemand an mir vorbei in den Gang kommt.
    • N’Abend allerseits. Ich bin der Jens, Lehrer an einer Gesamtschule, meistens Mittelstufe. Für mich gibt es nichts Aufregenderes, als bei Klassenausflügen für 30 pubertierende Teenager Plätze im Ruheabteil zu reservieren.

    Commuting in the fog BW

    Das geht dann noch ein ganze Weile so weiter, am Ende lachen sich dann alle über die Die Zehn Gebote für den öffentlichen Nahverkehr auf derbe.de/ tot.

    Hauptsache Livegang

    Seit ich in das Ruheabteil gestiegen bin, hat die Frau ununterbrochen telephoniert. Dann Erleichterung auf den Gesichtern der Mitreisenden, als sich endlich jemand durchringen kann, sie auf ihr Verhalten hinzuweisen. Eine Minute später sind alle Umsitzenden von ihren übertrieben lauten Tastentönen genervt.

    Guten Morgen

    Lag wahrscheinlich gerade daran, daß so wenig andere Züge fahren.

    Nein, ich bin natürlich froh, nicht den schlichten Automatenkaffee trinken zu müssen, wartend in der überfüllten DB-Lounge. Derweil wird das reduzierte Fahrgastaufkommen am Düsseldorfer Hauptbahnhof für eine Großreinigungsaktion genutzt. So richtig und wichtig das Blindenleitsystem ist, kann ich die Flüche desjenigen verstehen, der gerade die Kaugummireste aus den geriffelten bzw. gepunkteten Bodenplatten kratzen darf. Da stößt dieses Schaberwerkzeug nämlich an seine Grenzen.

    Führungsqualitäten zeigen

    In diesem Sinne: wünsche einen angenehmen Bürotag.

    Tap, tap, tap.

    Wegen umfassender Wartungsarbeiten an der Hohenzollernbrücke fährt mein morgendlicher Pendelzug nach Düsseldorf statt ab Hauptbahnhof ab dem Bahnhof Messe/Deutz. Ich bin mit diesem etwas nervigen Umweg natürlich nicht alleine, es betrifft viele. Und da nicht nur die Kölner, sondern auch Köln an sich gerne Sachen gemeinsam unternimmt, gesellt sich zur Wartung der Hohenzollernbrücke auch noch der Umbau der U-Bahn-Station Messe/Deutz.

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    Darunter leidet unter anderem auch die Fußwegführung vom ICE-Gleis zur Haltestelle der Straßenbahn. Gekennzeichnet ist die baustellenbedingt geänderte Route durch gelbe, schuhsohlenähnliche Fußbodenaufkleber in der Station. Soweit ich sehen kann, lassen sich diese Floorsticker einzeln aufbringen. Und jetzt frage ich mich, was die KVB denkt, in was für einer kruden Mischung aus Trippelschrittchen und beidbeinigem Hinkegehopse sich ihre Passagiere so fortbewegen.



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    Medienwandel

    Vor einiger Zeit ging dieses Photo oder ein ähnliches oder ein anderes mit einer Waggonladung lesender Asozialer rum. Das sollte dann ganz treffend die Mär vom vor der Durchsetzung des Smartphones ach so geselligen Zugreisen entkräften. Und teilweise hat das auch ins Schwarze getroffen; vielleicht sind die Kritiker einfach nur genervt davon, daß es mit Display statt Zeitung schwieriger geworden ist, bei den Mitpassagieren mitzulesen.

    Nun ist Zugreise nicht gleich Zugreise; das weiß jeder, der schon einmal gemeinsam im selben Abteil mit einem Kegelclub unterwegs gewesen ist. Das hat mal so gar nichts mit dem allwochentäglichen Morgen- bzw. Abendpendelverkehr zu tun, den die oben verlinkten Schwarzweißbilder widerspiegeln. Auch wenn einem der Nebenmann weder im einen, noch im anderen Fall so etwas wie Tolstois Kreutzersonate erzählen wird. Remember the Rahmenhandlung?

    Nun ist die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht die einzige Situation, in der Vielen (über 36 Mio. Views!) das ständige Starren auf ein Smartphone Anlass zu zivilisatorischer Technikfeindlichkeit und generellem Kulturpessimismus bietet. Was sich allerdings in seiner akuten Aufgeregtheit wieder ein wenig zurechtrückt, wenn man sich die Kritik gegenüber medialen Innovationen durch die Jahrhunderte anschaut. Exemplarisch sei hier auf die Warnungen vor der Lesesucht im ausgehenden 18. Jahrhundert verwiesen.

    Und das gilt nicht nur für sämtliche bisher angeführten Rezeptionsweisen. Auch auf Produktionsseite werden neue Techniken regelmäßig skeptisch gesehen. So ist von Truman Capote die Einschätzung überliefert, es gebe zwei Arten von Schreibern - echte Schriftsteller und bloße Schreibmaschinenbenutzer. Oder dieses aus heutiger Perspektive besonders absurd erscheinende Beispiel:

    Andere mögen hier gerne noch einmal den alten Plato zur Lektüre herausholen, ich freue mich derweil auf den neuen Film von Spike Jonze. Und krame derweil, um den Bogen zum Beginn dieses Posts zu schlagen, eine alte Studienarbeit von mir hervor: Die Bahn kam - Implikationen einer Erfindung.

    Nachtrag // Heute morgen erst diesen interessanten Artikel beim Guardian zum Thema gelesen. Lag schon länger auf Instapaper gespeichert rum.

    hin und her

    Oder auch die foucault’sche Pendelei.

    Montag: In den wenigen Minuten, die ich am Gleis auf den ICE nach Dortmund warte, wird mindestens dreimal durchgesagt, daß dieser Zug heute nicht in Essen und Bochum hält. Kaum setze ich mich, setzt sich der ICE auch schon in Bewegung und der Schaffner zu einer Durchsage an: “Wir heißen die in Köln Zugestiegenen herzlich willkommen im ICE 616 nach Dortmund mit Halt in Düsseldorf, Duisburg, Essen und Bochum.”

    Dienstag: Die Straßenbahn hat mal wieder getrödelt. Also hetze ich die Bahnhofsrolltreppen hoch. Und kann dann doch gelassen in den laut Anzeige 10 Minuten verspäteten ICE steigen. Während wir noch stehen, sehe ich von meinem Fensterplatz aus am Nebengleis den ICE mit gleichem Fahrtziel einfahren. Und obwohl sich dieser Zug fahrplanmäßig erst ein ganzes Stück nach dem meinen auf den Weg macht, fährt er heute pünktlich - und damit vor uns - ab. Während sich ICE 616 mit mehr als 20 Minuten Verspätung in Bewegung setzt.

    Mittwoch: Für die allabendliche Heimfahrt gibt es zwei Optionen: die einen ICEs halten in Köln Messe/Deutz, die anderen fahren zum Hauptbahnhof. Normalerweise bevorzuge ich letztere, aber um diese Zeit bin ich froh über den Ausstieg vor der Rheinüberquerung, läßt sich doch auf diese Art ein Bogen um die glühweintrunkenen, blinkende Witzgeweihe tragenden Horden von Weihnachtsmarktbesuchern machen, die jetzt ihren Heimweg in die Vorstädte antreten. Oder wo immer sie auch herkommen mögen.

    Mal schauen, was morgen so passiert…

    Der .gif zur Waffe

    Durchsage im Zug so auch noch nicht gehört: »Wir suchen den Besitzer zweier Koffer in Wagen 27. Bitte melden Sie sich beim Zugpersonal, wenn die zwei unbeaufsichtigten Koffer im Durchgang zu Wagen 28 Ihnen gehören. Vielen Dank.«

    Ich selbst bin jetzt nicht so der panische Typ, aber man kann an der Reaktion der um einen herumsitzenden Mitfahrenden sehr gut beobachten, was diese geschürte Terrorangst mit den Leuten und Leutinnen anstellt. Zudem meldete sich die Schaffnerin während eines länger als üblichen Halts in Köln zu Wort.

    »Sehr geehrte Fahrgäste, aktuell hat unser Zug sechs Minuten Verspätung. Wir erreichen das nächste Reiseziel Düsseldorf Hauptbahnhof gegen 08:38 Uhr. Ich werde Sie kurz vor Ankunft über Ihre Anschlußmöglichkeiten informieren.« Ich kann mir gut vorstellen, daß der ICE erst weiterfuhr, nachdem sich der Besitzer gemeldet hatte. Oder sie die Koffer am Kölner Hbf einfach aus dem Zug beförderten.

    Das bahn'sche Pendel

    Ausschlag // Irgendwann ist es dann auch gut mit dem Regionalverkehr, denkt man sich. Die REs sind laut, überfüllt und langsam. Zu den Hauptzeiten muß man froh über jeden ergatterten Sitzplatz sein, an das Aufklappen eines Laptops ist bei dieser Art der Fortbewegung nicht zu denken. Im Sommer ist die Luft schlecht, im Winter ließe sich dieses Lamento endlos fortsetzen.

    Also vielleicht sein Monatsticket etwas aufstocken? Das Ding kostet im VRS (Stufe 5) ohnehin schon stolze 231,00 Euro, dafür darf man dann aber auch in ganz Köln und Düsseldorf Mitte/Nord sowie dazwischen rumgurken. Und da noch einmal draufzahlen? Das wären beim IC/EC-Zuschlag monatlich immerhin 64,80 Euro, die jeweils dazukommen. Machte also insgesamt eine Summe von 295,80 Euro. Da ist die ICE-Nutzung nicht inklusive und kann auch nicht für einzelne Fahrten dazugebucht werden.

    Also andersrum: Das DB-Monatsticket für das Fahren mit ICE zwischen Köln und Düsseldorf kostet 238,00 Euro. So kommt man natürlich nur von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof. Wenn man in den beiden Städten auch noch Straßen- und U-Bahnen nutzen möchte, dann braucht man noch ein sogenanntes NRWplus-Ticket zum Monatspreis von 56,00 Euro. Rechne ich nun zusammen, komme ich auf einen Gesamtpreis von 294,00 Euro im Monat und damit zu dem Schluß, daß für einen Pendler zwischen Köln und Düsseldorf das Fahren mit IC/EC teurer ist, als mit dem ICE. Und das kann doch nicht sein, oder?

    ökostrom unterwegs

    Mit dem ICE-Ticket ist es natürlich möglich, auch IC oder sogar RE zu fahren, wenn es die Situation erfordert. Obige Vergleichsrechnung berücksichtigt in beiden Fällen keine verbilligten Abonnements. Und vom generellen Wucher für eine weniger als 50mal im Monat zurückgelegte Strecke von etwa 40 Kilometern so oder so fast 300,00 Euro zu nehmen, fange ich gar nicht erst an.

    NACHSCHLAG // Die Deutsche Bahn hat mich an den Verkehrsverbund verwiesen. Der wiederum gibt zu, daß die Zahlen so stimmen, hält die beiden Angebote allerdings nicht für vergleichbar, weil man mit seiner Variante ja noch in Leverkusen Bus fahren könnte.