saschalobo
So 'n Tag
Sonntag, sturmfrei. Trotz herr(?)lichen Wetters sitze ich drinnen vor dem Rechner, im Fernseher läuft seit Ewigkeiten zum ersten Mal wieder ein Formel1 Gran Prix; allerdings tonlos, denn ich starte etwas spät in diesen Tag mit ein wenig Musik. Die Videos dazu schaue ich mir wiederum auch nur vereinzelt an, stattdessen lese ich Artikel, auf die ich - wie so oft - über Twitterlinks aufmerksam geworden bin.
„Für Kinder ist es am besten, wenn sie bei Mann und Frau aufwachsen“, sagt Hartmut Koschyk, Chef der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag. Regenbogenkinder seien nicht nur Diskriminierungen ausgesetzt, auch die Partnerschaften ihrer Eltern seien weniger stabil.
Unliebsamer Herr Koschyk, daß solche Einstellungen und Äußerungen wie die Ihren gerade die ebenfalls von Ihnen als Argument vorgebrachten Diskriminierungen ausmachen, das ist Ihnen wohl noch nicht aufgefallen, was? Über sowas kann ich mich aufregen. Es sind genau solche Begründungen à la “Ich finde Homos doof, weil andere Leute auch Homos doof finden.”, die mich dazu veranlassen zu glauben, Sie (und damit viele Unmenschen Ihres Schlages) hätten auch vor siebzig Jahren einen prima Mitläufer und Erfüllungsgehilfen abgegeben. Aber als Angehöriger der machthungrigen Klasse werden Sie das auch noch als praktischen Populismus schönzureden versuchen. Schämen Sie sich, Herr Koschyk!
Und da wir gerade bei Aufregern sind: Wieso werden alte Texte von Macho Kurt Molzer auf dem ansonsten eigentlich relativ stilsicheren solokarpfen.de/ veröffentlicht? Aber für Vieles gibt es ja eine einfache Antwort. Und Wolfgang Joop hat ja prinzipiell zu allem was zu sagen. Immerhin noch besser als Sascha Lobo zum Thema Rente.
Das Formel1-Rennen dagegen ist gerade unspektakulär zuende gegangen. Und ich kann mich nicht dazu aufraffen, mir in der Kneipe um die Ecke das VfL-Spiel anzusehen. Also doch weiter vor dem Bildschirm hängen und nebenbei den Live-Ticker laufen lassen.
personal
Er steht neben mir, keinen Meter von mir entfernt direkt neben mir. Ich könnte ihn mit ausgestrecktem Arm berühren, am Revers begreifen und ihn durchschütteln. Und tatsächlich geben wir uns zur Begrüßung die Hand. Doch dann zeigt er mit seinem Finger auf den Parkplatz, an dessen Rand wir beide stehen, und behauptet steif und mit fester Stimme: “Ich stehe da drüben.”
Nach einem Moment der Verwirrung schlage ich (mich selbst) überraschend geistesgegenwärtig vor, doch mit dem gemeinten Kraftfahrzeug eine Gastwirtschaft aufzusuchen, um dort eine Mahlzeit einzunehmen. Daß ich eigentlich gar keinen Hunger habe, verschweige ich ihm. Dabei bin ich an dem wirklichen Eintreten folgender Vorstellung gar nicht interesiert: Die Kellnerin tritt an unseren Tisch, in jeder Hand einen Teller mit den von uns bestellten Gerichten. Auf ihr gefragtes “Schnitzel mit Pommes?” antwortet mein Gegenüber in Erwartung seines Essens “Das bin ich.”
Die, wie ich finde, größtenteils verdienten Preisträger des Grimme Online Awards 2009 kann man hier nachlesen. Ich möchte nur ein paar kurze Anmerkungen zur Verleihung selbst anbringen. Ich war persönlich anwesend, ein paar schlechte Handyphotos schoss ich auch.
Ich war total underdressed, alle schick in Anzug und Kleidchen oder mindestens Business-Look, einen kleinroten Teppich gab es auch. Dazwischendrauf ich, in T-shirt, Jeans und Sneakern, aber mit einer schnieken Sonnenbrille und genug Gitanes Filtre steht man da drüberich. Welche wirklichen Prominenten und Internetzbekanntheiten sich dort herumtrieben, wird bestimmt ebenfalls auf irgendeinem wichtigeren Blog als dem diesen in Erfahrung zu bringen sein. Von mir nur soviel: Die beiden Liveauftritte von Sixtus vs. Lobo fand ich nicht nur kurz, sondern auch -weilig.
Über Speis' und Trank konnte man nicht klagen (Kölsch, Büffet), auch weil alles genug und gratis war. Die Laudatoren kamen nicht peinlich rüber, politische Statements (Stichwort #Zensursula) wie von Johnny Häusler oder Hajo Schumacher hatte ich mir allerdings häufiger gewünscht. Die ganze Veranstaltung war auch überhaupt keine Feierei, doch woran das lag, kann ich auch einen Tag später nicht sagen. War es die Blaskapelle? Oder die leichten Zweifel, ob das Grimme Institut ihre Online Awards genauso ernst nimmt wie die Fernsehpreise? Auf der anderen Seite kam die Trophäenübergabe in den meisten Fällen fast schon geschäftsmäßig rüber, keiner der Gewinner ist vor Freude aus der Rolle/Haut gefahren. Und das Publikum? Beim gemeinsamen Siegerschlußbild auf der Bühne war der Saal schon ziemlich leer und alle wwWelt stürzte sich auf das nebenan aufgebaute Büffet.
Business as usual. Vielleicht muß man das nächste Mal genauer hinsehen.
allerleirauh
Gerade in der Papierausgabe der W&V über stream5.tv/ gelesen; vielleicht bringt das in Deutschland ja das Internetfernsehen ein wenig voran. Nur ein Hinweis, hat mit dem eigentlichen Thema dieses Blogeintrags wenig zu tun.
Rumpelnde Überleitung: der Fernsehsender arte hat mal eine Doku über Hugo Chávez ausgestrahlt (und ich bin zu dämlich, sie hier einzubinden, deshalb hier der Link).
The Revolution Will Not Be Televised
Angestoßen durch einen zugegebenermaßen einseitigen Kommentar von Lutz Herden auf der neuen Website des Freitags hat Sascha Lobo auf seinem Blog zum Rundumschlag gegen sämtliche Netzjounaillen ausgeholt, die gerne das linke Sprachrohr wären. In seinen Augen fallen sie alle durch, ob nun Spiegel, TAZ oder wer sonst.
Selbst wenn man dem zustimmt (und allzuweit bin ich von seiner Position gar nicht entfernt), dann ist die harsche Kritik am Aufhänger trotzdem überzogen, wie ich finde. Klar, er läßt die Schattenseiten der Regierung Chávez außen vor. Doch es ist ja auch ein Kommentar und kein um Ausgewogenheit und Objektivität bemühter Artikel. Als wohlmeinender Leser gehe ich davon aus, daß Herden eher das zögerliche Verhalten der Regierung Merkel angesichts der Krise kritisiert und weniger an einer Verherrlichung der venezuelanischen Zustände interessiert ist. Nach dem Motto: Da wird zumindest irgendetwas anderes versucht, statt einfach den Status quo aufrechterhalten zu wollen. Einen zweiten Blogbeitrag habe ich auf meinem Freitagsblog allerdings auch noch nicht gepostet. Ebenso seit Tagen nicht mehr kommentiert, aber die Löschung meines dortigen Profils verlange ich jetzt auch nicht.The Internet Revolution Did Not Take Place
Man muß sich die Entwicklung von freitag.de/ noch ein wenig länger anschauen, um nicht vorschnell zu urteilen. Und fast will es mir scheinen, als daß Lobo mit seiner Sehnsucht nach einem linken Leitmedium im Netz genau in die Falle getappt ist, vor der er selbst ständig warnt. In den unendlichen Weiten des Internets mit all seiner Zersplitterung wird es eine solche Sammelstelle auf Dauer nicht mehr geben. Nur noch kurzfristige Zusammenschlüsse für konkrete Einzelfälle, die dafür durchaus mit nie gekannter Schlagkraft. Alles andere ist ein Märchen.