vhs

    Titelangabe Tempuswechsel

    Nicht wirklich vorsätzlich // Gestern warf ich 164 VHS-Kassetten weg. Darauf hatte ich so etwa zwischen 1994 und 2004 an die 300 Filme aus dem Fernsehen aufgenommen. Wenn man (falls vorhanden) die Werbung herausgeschnitten hatte, dann passten meist nicht nur zwei Spielfilme auf eine 240er, oft war danach noch Platz für ein gutes Musikvideo (Die liefen früher mal im TV nicht nicht auf YouTube, remember?) oder einen gelungenen Kurzfilm. Und früher waren die Filme in der Regel sowieso kürzer.

    Aus dem Fernsehen, wie sich das anliest. Fing ungefähr mit sechzehn an, als sich zu der eigenen Glotze im Kinderzimmer auch ein eigener Videorecorder gesellte. Schnell war ich mit großem Enthusiasmus dabei. Jeden Freitag wartete ich darauf, daß meine Mutter mit den Wochenendeinkäufen auch die Hörzu für die kommende Woche mitbrachte. Der Cineastengeschmack bildete sich erst mit der Zeit, noch wurden oft Filme überspielt. Und wenig kam dem Triumph gleich, einen bereits von den Privaten aufgenommenen Film durch eine öffentlich-rechtliche Ausstrahlung ersetzen zu können. Festgehalten wurde das alles fein nummeriert in einer Loseblattsammlung auf Kästchenpapier.

    Dreimal lief ich also gestern nach Anbruch der Dunkelheit auf den Hof zu den Aschetonnen und leerte die vollgepacke Riesenplastiktüte aus. Mehr Kassetten, als in eine einzele Mülltonne passten. Es waren einige Raritäten dabei, die bestimmt noch nicht auf DVD rausgekommen sind - und es wohl auch höchstwahrscheinlich niemals werden. Italienischer Neorealismus, viel Film Noir, amerikanisches Independentkino, aber auch Blockbuster wie Star Wars oder die Batman-Reihe. Regisseure wie David Lynch, Jean-Luc Godard und immer wieder Woody Allen.

    Erst wollte ich einzelne Kassetten aussortieren, doch kam ich so natürlich nicht weiter. Also alles weg, ohne Ausnahme. Auch meinen absoluten Lieblingsfilm, obwohl der selbst in einer französischen Fassung mit englischen Untertiteln ein digitales Schweinegeld kosten soll. Ich sah sie mir einfach nichtniemehr an. Zuletzt standen sie relativ ungeordnet in zwei großen verstaubenden Kisten in einer Schlafzimmerecke. Und ob es der Videorecorder überhaupt noch tut, das wage ich zu bezweifeln.

    Seit einigen Jahren nun sehe ich nur noch selten fern. Ich gehe auch nicht mehr so häufig ins Kino wie zu Studienzeiten. Ich wollte Dir nur sagen, daß ich Dir deswegen keine Vorwürfe mache, liebes Internet.

    Anderes Thema // Völlig an mir vorbeigegangen, während ich gerade den neuesten Pynchon Natürliche Mängel verschlinge: Die Freitag-Community liest Gravity’s Rainbow.