wm
Niveau, weshalb, warum
Weil es ja heute losgeht: Vorab der Hinweis auf diesen leider auch nach zwei Jahren nichts von seiner traurigen Wahrheit eingebüßt habenden Text auf sueddeutsche.de/ zum Thema Party-Patriotismus. Und hier quasi als Einstieg der nahtlose Übergang zum Blogpost der vorletzten Woche.
Zusatz: Die Paninibilderlandschaft mit Ken-Burns-Effekt ist verschwunden. Weil Copybrechreiz?
Besser als (der Vollständigkeit halber) dies und das - oder jener Kommentar. Wobei natürlich auch ein kostenlos zum Download rausgehauener Anti-WM-Song als Marketinginstrument ausgespielt werden kann. Vielleicht gerade deshalb, weil der @Spex aufgefallen ist, welche Vorlage vermutlich als Inspirationsquelle zu obigem Video gedient hat. Damit wären wir beim eigentlichen Thema.
Sich woanders Anregungen holen, und sie dann an seine eigenen Zwecke anzupassen - kann man machen. Habe ich schon einmal irgendwo gesagt, geschrieben, fallen gelassen: Es gibt einen Unterschied zwischen echter Kreativität und der oft bemühten Kreativwirtschaft. Ideen hat jeder. Werber/Agenturen werden dafür bezahlt, ausgestaltete Ideen am Fließband liefern zu können, jeweils gemünzt auf die Kommunikationsbedürfnisse der Kunden. Das muss, kann nicht immer überoriginell sein. Und das ist nicht so schlecht - zumindest gibt es Schlimmeres.
They deleted their tweet, but here's the work @Ogilvy stole from me and claimed as their own: pic.twitter.com/g5nZR3OPKq
— drewtoothpaste (@drewtoothpaste) June 11, 2014
Werte Nachfahren David Ogilvys (Tip Nr. 6): ein ehrliches “Fuck Off” durch ein - soweit ich das erkennen kann - “Bla Bla” zu ersetzen und das Ganze dann ohne Quellenangabe als Eigenleistung auszugeben, dürfte wohl als negative Schöpfungshöhe anzusehen sein. Eine Wortspielchen mit Cannes erspare ich mir an dieser Stelle.
Lieber nun zurück zum Sport: Wie scheißecool kann St. Vincent sein? // Highfive für Fred, mit der Bitte um Beachtung seiner Linktipps am Textende. // Apropos WM-Tipp. // So. // Oder so.
Diskotrashmuß
Irgendwo mal gelesen oder gehört, daß der Sänger der Band Asian Dub Foundation es abgelehnt hat, seine Kapelle bzw. deren Musik als dezidiert “politisch” zu bezeichnen. Er ist dem Interviewer ins Wort gefallen, hat ihn die Frage nicht zuendestellen lassen, so wichtig ist ihm das gewesen. Seine Aussage ungefähr: “Jeder Song, jeder Text ist politisch. Und wenn er die herrschenden Zustände nicht kritisiert, dann ist er eben mit ihnen zufrieden. Britney Spears ist politisch.”
Das mag jetzt fünfzehn Jahre her sein und auch, wenn ich mich nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnere, noch nicht einmal mehr weiß, ob ich das Interview gelesen, gehört oder sogar gesehen (Remember Musikfernsehen?) habe, die Auslassungen des Musikers haben mich wohl derart beeindruckt, daß sie mir zumindest im Hinterkopf geblieben sind.
Ich mußte auch wieder dran denken, als letzte Woche eine Debatte über die Option des Wahlboykotts durch den Blätterwald rauschte. Wobei Ignoranz und Gleichgültigkeit nur eine Seite der Medaille sind, sonst würde sich das Gros der Nichtwähler nicht aus den weniger privilegierten Gesellschaftsschichten rekrutieren. Und einzig die haben das zweifelhafte Anrecht auf eine “Ändert eh nix”-Attitüde. Bei allen anderen sehe ich nur eine Mischung aus Zynismus und Bequemlichkeit.
Mit dem Internetzeitalter, so wird gerne propagandiert, sei nun eine völlig neue Ära der politischen Teilhabe angebrochen. Das mag stimmen, nur reicht purer Clicktivism alleine nicht aus, um die Welt zu verändern. Das Gebaren der britischen Regierung gegenüber dem Guardian auf Facebook anprangern, während man im Tab daneben nach einem Billigflug für den nächsten Wochenendtrip nach London sucht. Rußland wegen der homosexuellenfeindlichen Gesetze auf Twitter schelten, aber selbst den Urlaub am liebsten in einem Land verbringen, in dem die Todesstrafe auf der Tagesordnung steht. Und trotz einem Dutzend Flugreisen im Jahr doch tatsächlich glauben, man lebe ökologisch korrekt, weil man von Zeit zu Zeit manchmal im Bio-Supermarkt einkauft.
Auf das persönliche Mißverhältnis, ja Fehlverhalten, direkt angesprochen, will man plötzlich nichts mehr von Eigenverantwortung wissen. Schnell wird da nach dem Staat gerufen, strengere Verordnungen müßten her. Und überhaupt hätte der Westerwelle den Putin noch deutlicher kritisieren müssen. Dabei sollte sich jeder an die eigene Nase fassen. Wer sich mit einem “Ich habe Schwarzgelb nicht gewählt” aus der Affäre ziehen will, der hat leider das Prinzip Demokratie nicht so richtig verstanden.
Du bist selbst schuld.
Womit wir wieder bei den Medaillen wären. Niemand ist perfekt, klar. Aber es hilft, sich das ab und an auch mal bewußt zu machen. Statt auf den Internationalen Leichtathletik-Verband zu schimpfen, kann man ruhig mal jedem einzelnen Sportler die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Moskau vorwerfen. Und wenn dann doch eine den Mund aufmacht, kuscht sie lieber und lackiert sich die Fingernägel wieder um, weil sie es nicht riskieren will, von der Finalteilnahme ausgeschlossen zu werden.
Unentwegt monatelang über die LSR-Lobby im Allgemeinen und die Springerpresse im Besonderen herziehen, nur um Wochen später ohne mit der Wimper zu zucken einen Link der Welt zu verbreiten. Aber der Artikel über “die Fläche im Südwesten Deutschlands, so groß wie das Saarland” war doch so lustig! (Dürft Ihr schon selbst nach googeln.)
Ja, Du. Ich auch.
Es gibt immer ein Aber. Bloß, weil man den Arsch nicht hochkriegt, muß man nicht auf dem hohen Roß hocken bleiben. Man kann sich auch ganz prima in die Nesseln setzen. Aber dabei wenigstens am 22. September sein Kreuzchen machen.