Am Ende des Tages
Man raucht ja nicht mehr so gern zuhause. Wie das die Taxibranche wohl findet, denke ich mir. Ich jedenfalls lasse mich seit geraumer Zeit nicht mehr bis direkt vor die Haustür kutschieren, sondern steige zwei Ecken vorher aus, um auf den letzten Metern zu Fuß noch eine Kippe zu rauchen. Fünfzig Cent gespart, kann man schon wieder zwei Zigaretten für kaufen. Wenn das alle so machten, auf was für entgangene Einnahmen die Taxiunternehmen da wohl jährlich deutschlandweit verzichten müßten?
Unrelated link: Computer beweist die Existenz Gottes.
Fleischverhalten
Mehrere Studien sind also zu dem Schluß gekommen, daß eine bestimmte Weise der Facebook-Nutzung depressiv macht. In den Überschriften der Artikel dazu wird daraus natürlich “Facebook macht depressiv”, klar. Einige davon sind am Beginn dieses Posts auf slate.com/ verlinkt. Falls das jemanden interessiert. Eigentlich kommen die Studien lediglich zu dem wenig überraschenden Ergebnis, daß Stalking für die Psyche wenig förderlich ist - also derjenigen des Stalkers.
Das ist alles immer schön nutzerzentriert geschrieben, die Benutzten kommen dabei allenfalls am Rande vor. Schon klar, man kann nicht in jedem Text die ganze Welt erklären, aber was diese Hinterherspionage mit den Gestalkten anstellt, das wäre auch in diesem Fall eine Erwähnung wert. Worauf ich aber eigentlich hinauswollte: Der Slate-Post hat so eine interessante Überschrift und dann geht es da mit keinem Wort drum. Stattdessen wird nur behauptet, daß Instagram noch viel schlimmer sei als Facebook. Ein Unterschied zwischen Selfies und anderen Photos wird überhaupt nicht thematisiert.
Instagram kann jetzt Web Embeds.
Wozu da ein Faß aufmachen, wenn eh alles in einen Topf geschmissen wird? Jedes Bild ist eine Inszenierung, wissen wir doch. Ob wir nun selbst drauf sind, den Auslöser betätigt haben oder beides. Also zumindest dann, wenn wir es im Internet veröffentlichen. Überhaupt Worte.
Grober Schnitzer
DIY ist doch immer nich in - und wird als Trend auch so schnell nicht wieder verschwinden. Jeder ist sein eigener Authentischler. “Das Netz vergisst nichts” klingt für viele mittlerweile wie eine Verheißung. Im Onlinezeitalter ist jede Form der Selbstdarstellung ein Absatz der eigenen Biographie.
Kleine Übersetzungshilfe
Wenn Berlins CDU-Innensenator Frank Henkel sagt, „dass das Flüchtlingsthema derzeit von politischen Parteien missbraucht wird“, dann meint er eigentlich: Blöd, daß die NPD meiner Partei mit dieser Protestaktion gegen das Flüchtlingsheim in Hellersdorf Stimmen am rechten Rand klaut. Das passt mir gut einen Monat vor der Bundestagswahl gar nicht.
Diskotrashmuß
Irgendwo mal gelesen oder gehört, daß der Sänger der Band Asian Dub Foundation es abgelehnt hat, seine Kapelle bzw. deren Musik als dezidiert “politisch” zu bezeichnen. Er ist dem Interviewer ins Wort gefallen, hat ihn die Frage nicht zuendestellen lassen, so wichtig ist ihm das gewesen. Seine Aussage ungefähr: “Jeder Song, jeder Text ist politisch. Und wenn er die herrschenden Zustände nicht kritisiert, dann ist er eben mit ihnen zufrieden. Britney Spears ist politisch.”
Das mag jetzt fünfzehn Jahre her sein und auch, wenn ich mich nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnere, noch nicht einmal mehr weiß, ob ich das Interview gelesen, gehört oder sogar gesehen (Remember Musikfernsehen?) habe, die Auslassungen des Musikers haben mich wohl derart beeindruckt, daß sie mir zumindest im Hinterkopf geblieben sind.
Ich mußte auch wieder dran denken, als letzte Woche eine Debatte über die Option des Wahlboykotts durch den Blätterwald rauschte. Wobei Ignoranz und Gleichgültigkeit nur eine Seite der Medaille sind, sonst würde sich das Gros der Nichtwähler nicht aus den weniger privilegierten Gesellschaftsschichten rekrutieren. Und einzig die haben das zweifelhafte Anrecht auf eine “Ändert eh nix”-Attitüde. Bei allen anderen sehe ich nur eine Mischung aus Zynismus und Bequemlichkeit.
Mit dem Internetzeitalter, so wird gerne propagandiert, sei nun eine völlig neue Ära der politischen Teilhabe angebrochen. Das mag stimmen, nur reicht purer Clicktivism alleine nicht aus, um die Welt zu verändern. Das Gebaren der britischen Regierung gegenüber dem Guardian auf Facebook anprangern, während man im Tab daneben nach einem Billigflug für den nächsten Wochenendtrip nach London sucht. Rußland wegen der homosexuellenfeindlichen Gesetze auf Twitter schelten, aber selbst den Urlaub am liebsten in einem Land verbringen, in dem die Todesstrafe auf der Tagesordnung steht. Und trotz einem Dutzend Flugreisen im Jahr doch tatsächlich glauben, man lebe ökologisch korrekt, weil man von Zeit zu Zeit manchmal im Bio-Supermarkt einkauft.
Auf das persönliche Mißverhältnis, ja Fehlverhalten, direkt angesprochen, will man plötzlich nichts mehr von Eigenverantwortung wissen. Schnell wird da nach dem Staat gerufen, strengere Verordnungen müßten her. Und überhaupt hätte der Westerwelle den Putin noch deutlicher kritisieren müssen. Dabei sollte sich jeder an die eigene Nase fassen. Wer sich mit einem “Ich habe Schwarzgelb nicht gewählt” aus der Affäre ziehen will, der hat leider das Prinzip Demokratie nicht so richtig verstanden.
Du bist selbst schuld.
Womit wir wieder bei den Medaillen wären. Niemand ist perfekt, klar. Aber es hilft, sich das ab und an auch mal bewußt zu machen. Statt auf den Internationalen Leichtathletik-Verband zu schimpfen, kann man ruhig mal jedem einzelnen Sportler die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Moskau vorwerfen. Und wenn dann doch eine den Mund aufmacht, kuscht sie lieber und lackiert sich die Fingernägel wieder um, weil sie es nicht riskieren will, von der Finalteilnahme ausgeschlossen zu werden.
Unentwegt monatelang über die LSR-Lobby im Allgemeinen und die Springerpresse im Besonderen herziehen, nur um Wochen später ohne mit der Wimper zu zucken einen Link der Welt zu verbreiten. Aber der Artikel über “die Fläche im Südwesten Deutschlands, so groß wie das Saarland” war doch so lustig! (Dürft Ihr schon selbst nach googeln.)
Ja, Du. Ich auch.
Es gibt immer ein Aber. Bloß, weil man den Arsch nicht hochkriegt, muß man nicht auf dem hohen Roß hocken bleiben. Man kann sich auch ganz prima in die Nesseln setzen. Aber dabei wenigstens am 22. September sein Kreuzchen machen.
Citizen Bezos
Das erinnert mich an die Szene, in der Kane – angesprochen auf die durch Enthüllungen seiner Zeitung verursachten Verluste anderer Teile seines Firmenimperiums - nur gut gelaunt erwidert:
You're right, I did lose a million dollars last year. I expect to lose a million dollars this year. I expect to lose a million dollars *next* year. You know, Mr. Thatcher, at the rate of a million dollars a year, I'll have to close this place in... 60 years.
Wir werden sehen, ob Bezos eines Tages das Interesse verlieren und ein neues Hobby finden wird - sagen wir: Charity im großen Stil oder vielleicht eine Fußballmannschaft - oder ob ich mich mit der Prognose zu weit aus dem Fenster lehne, der Amazon-Boss wird in weniger als zehn Jahren für ein politisches Amt kandidieren.
Read the blogpost in English here.
Eisen und anderes Material
Ich bin seit einigen Wochen Ironblogger, Sektion Köln. Wer wissen will, was das ist und wie das funktioniert, der kann sich hier die Regeln durchlesen oder sich etwas anschaulicher diesen oder jenen Artikel zu Gemüte führen.
Für mich funktioniert das ganz gut als Motivation, um regelmäßiger zu schreiben. Und ich kümmere mich auch sonst mehr ums Blog. Habe beispielsweise ein Google Font Plugin installiert und die doch etwas tantigen Original-Schriftarten des Themes durch etwas eigenartigere ersetzt. Als nächstes werde ich mich wohl an die Überarbeitung der Blogroll machen.
Eher nicht so gut läuft es hingegen mit dem Lesen von Blogs bei mir, seit Reeder for Mac wegen Einstellung des Google Readers nicht mehr funktioniert. Ich konsumiere meine abonnierten Feeds also nur noch selektiv auf dem iPhone - dort läuft die Reeder-App wieder.
Also andere Quellen. Das ist bei mir derzeit in erster Linie Readability. Ich bin zu dem Service aufgrund einiger Probleme gewechselt, die Tweetbot mit Instapaper hatte. Und auch deshalb, weil im alten Service soviel Ungelesenes abgespeichert ist, daß ich einen Neuanfang als befreiend emfand. Ich bin bis jetzt ziemlich zufrieden. Das Lektürefeld verschiebt sich dadurch allerdings ein wenig von (semi-)privaten Blogs hin zu den Online-Angeboten klassischer Anbieter.
Über den Abhörskandal, Snowden und die unterirdische Leistung unserer Bundesregierung in dem Fall ist zwar noch nicht genug geschrieben worden, ich allerdings gebe meinen Senf da nicht ausführlich zu. Informieren kann sich da jeder selbst. Hinweisen auf stopsurveillance.org/ sowie einen Brief möchte ich dennoch. Und falls jemand Lust hat, am Samstag in Köln oder anderswo auf eine Demo zu gehen …
kauf verhalten
Man kann sich nicht um alles kümmern, das Leben ist kompliziert. Und ich will es auch gar nicht. Manches muß man einfach delegieren, genau deshalb gibt es z.B. Politiker. Aber irgendwo fängt die Eigenverantwortung halt an, sollte sie zumindest. Denn wo man bei Wahlen noch sagen kann “Da geh ich nicht hin, das interessiert mich nicht”[1. Inwiefern man sich damit in den eigenen Fuß schießt, weil auch Nichtwähler die Auswirkungen der Politik ja mehr oder weniger direkt betreffen, ist ein anderes Thema.], kann man in Abwandlung des berühmten Zitats “nicht nicht konsumieren”. Wer möchte schon als selbstversorgender Eremit im Siebengebirge enden?
Anfangen, gutes Stichwort. Wir sind ja freie Menschen, jeder entscheidet für sich selbst. Eben bewußte Kaufentscheidung im Gegensatz zum sogenannten Impulskauf. Diese ganze Flut an Talkshows in den öffentlich-rechtlichen Programmen (von Jauch über viele andere Nachnamen bis zu Hart aber fair) scheint da einen Trend erkannt zu haben - oder tragen sie letztendlich zu dessen Entstehung bzw. Verstärkung bei? Ich meine, da einen Shift vom mündigen Bürger hin zum mündigen Konsumenten erkannt zu haben. Gefühlt jede zweite Sendung dreht sich um Themen wie “Ist Fleischessen moralisch vertretbar?” oder “Umweltsünde Urlaub”; von offensichtlich sehr beliebten Sonderformaten wie Der große …-Check ganz zu schweigen.
Gewiss, in einer dermaßen warenfetischistischen Welt tut Aufklärung Not. Aber jede Woche einen neuen Boykottaufruf durchs Dorf zu jagen, kann nicht der Weisheit letzter Schluß sein. Die einen verwenden Palmöl, die anderen lassen Kinder für sich arbeiten. Ich will aus meinem Konsum keine Wissenschaft machen. Oder ein perpetuum Memoryspiel. Es kann nicht sein, daß mein Einkaufszettel selbst am Wochenende kürzer ist als die Merkliste, was ich alles nicht kaufen darf.
Fehlende Alltagstauglichkeit sollte allerdings keine Ausrede sein. Womit wir wieder beim Anfangen wären. Prioritäten setzen. So entscheidet sich der eine dafür, von nun an Marken zu meiden, die (in Deutschland) durch ihre Steuervermeidungsstrategie auffallen. Für andere ist es das allerwichtigste Weltrettungsmittel, auf Deos mit Aluminiumsalzen zu verzichten; da gäbe es ja mittlerweile genug gute Alternativen. Jeder wie er mag, alles gut. Ich halte wenig davon, AIDSaktivisten und Tierschützer gegeneinander auszuspielen. Ich für meinen Teil verzichte auf das Autofahren, die Deutsche Bahn wirbt zumindest damit, daß ich dank meiner ICE-Monatskarte zu 100 % mit Ökostrom fahre.
Nur sollte man da eben nicht stehen bleiben und es sich dort gemütlich machen. Die Meldung ist schon etwas älter[2. Ich hatte sie hier im Blog auch schon einmal erwähnt.], aber vielleicht hast Du es auch mitbekommen: Wer Bio kauft, ist nicht automatisch ein besserer Mensch. Und wie eingangs bereits erwähnt: Es ist eben kompliziert.
Zitierfähigkeit
Die Klugscheißerwochen auf drikkes.com gehen weiter. // Auf pop-zeitschrift.de/ ein Artikel über die Hildesheimer Tagung zu »neuen Formen der Literaturvermittlung« Ende Mai. Dort hat sich Folgendes zugetragen:
Sascha Lobo gibt zu, dass er derart darauf trainiert ist, 140-Zeichen-Sätze zu verfassen, dass er einerseits in seiner Spiegel.de-Kolumne Sentenzen einbringt, die von anderen via Twitter gepostet werden können »zirka 120 Zeichen, weil der Link dazu muss«. Dieses Verfahren hat sich aber auch in »Strohfeuer« geschlichen. Sätze, um sie zu zitieren. Das klingt prima, erinnert zudem an die Motown-Praxis, möglichst viele Hooks in einen Song zu packen, auf dass er im Gedächtnis hängen und mitgesungen werden kann.Stimmt das? Hier also sämtliche Sätze aus Saschas letzter Kolumne, die zu lang sind, um sie auf Twitter zu zitieren. Praktischerweise muß man die Zeichen gar nicht selbst zählen, um Satzlängen hinsichtlich ihrer Verbreitbarkeit zu prüfen. Dafür gibt es ein passendes Browser-Addon.
- Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz erklärte zum Asylantrag des Whistleblowers Edward Snowden: "Ich kann nicht erkennen, dass der Mann politisch verfolgt wird."
- Dieser Satz steht in seiner offensiven Realitätsverleugnung exemplarisch für alles, was katastrophal falschläuft, sowohl mit der Geheimdienstmaschinerie wie auch mit der politischen Behandlung des Falles.
- Neben einigen nicht zu Ende lesbaren Absurditäten in Medien des Angela-Springer-Verlags dekretierte eine Anzahl 70-jähriger Männer, man solle sich nicht so haben.
- "Tagesspiegel"-Kolumnist Harald Martenstein verschmolz Faktenaversion mit sensationell selbstgerechter Onkeligkeit und schrieb: "Die Amerikaner tun also nichts, was Tausende Deutsche in ihrer Familie nicht auch tun: Sie spionieren."
- Zu propagieren, es handele sich im Fall Snowden nicht um politisch motivierte Verfolgung, lässt nur eine Interpretation zu: dass verdachtsunabhängige, totale Überwachung in Demokratien irgendwie okay sei.
- Wirtschaftsspionage wird dabei bizarrerweise ausgeblendet und zwar von exakt den Leuten, die sonst keine Gelegenheit auslassen, dem Standort Deutschland ein Tempelchen aus pathetischen Worten zu errichten.
- Es geht bei diesem Grundrechte-Skandal nicht um konservative oder progressive Einstellungen und auch nicht mehr um die Abwägung zwischen Sicherheit und Freiheit.
- Die ausufernde Spionagemaschinerie ist keine Krise des Internets, sondern eine Krise der Demokratie, die sich am Internet entzündet hat.
- Das ist doch nichts Neues, rufen im Chor diejenigen, die keinen Unterschied erkennen wollen zwischen eigenen, langjährigen Vermutungen und handfesten Beweisen.
- Sei es, weil sie mit ihrem Faxgerät ohnehin nie Intimitäten versenden, oder weil sie die Wonne des Recht-gehabt-habens lieber öffentlich auskosten, als lautstark zu protestieren.
- An der University of Washington wurde kürzlich WiSee vorgestellt, eine Software, die ohne Zusatzgerät die Gestensteuerung in der gesamten Wohnung ermöglicht.
- Noch ist das ein universitärer Prototyp für harmlose Zwecke, aber wenn eine heimlich auf dem Router installierte Software ausreicht, um jede Bewegung innerhalb einer Wohnung aufzuzeichnen - weshalb sollte diese famose Spähmöglichkeit in Zukunft nicht genutzt werden?
- Aber wer diese Frage angesichts der Enthüllungen durch Edward Snowden gar nicht erst diskutieren möchte, weiß entweder nicht, wie tief die digitale Vernetzung bereits in das Leben ausnahmslos aller Menschen eingreift.
- Oder er verhält sich antidemokratisch, indem er ohne umfassende Kenntnis der Vorgänge und Technologien vorauseilend Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausstellt.
- Aber selbst diese Naivität ist nachvollziehbarer, als im Fall Snowden kein politisches Problem und die Verfolgung als nicht politisch motiviert zu sehen.
- "Die Bundesrepublik Deutschland ist ein hochentwickelter Rechtsstaat", schrieb Dieter Wiefelspütz am 25. Januar 2008 im Zusammenhang mit der Online-Durchsuchung.
Erste Worte
Hier eine Liste der Anfangswörter, mit denen Amir Kassaei seine Tweets einzuleiten gedenkt. Es ist die tatsächlich lückenlose Dokumentation seiner Äußerungen vom 24. Juni bis zum 05. Juli 2013, ausgenommen lediglich die von ihm versendeten Reply-Botschaften. Er hat 27mal getwittert in den letzten zwölf Tagen.
Great Amazing Interesting Awesome Wow Great Cool Nice There Looks Lunch Interesting Last Good Cool Interesting Nice That’s That’s My Leider Our Making Interesting Great Nice Great
Die Liste könnte ewig so weitergehen, ich habe sie mal (vom Rückwärtsgang aus gesehen vor, also zeitlich gesehen eigentlich) nach dem Werbefestival von Cannes gestoppt, dort ist dann jeder zweite Tweet ein Hinweis auf von seinem Agenturnetzwerk gewonnene Löwen, die andere Hälfte verlinkt zu von Kassaei selbst gegebenen Interviews. In denen er übrigens gerne erzählt, Werber könnten sich Phrasendrescherei nicht mehr leisten.
Und ach ja: Jemand könnte dem internationalen Chief Creative Officer von DDB auch mal sagen, daß der in seinem Twitterprofil angegebene Link nicht mehr funktioniert. Weil der Service Posterous bereits vor einiger Zeit eingestellt worden ist. // Update 1: erledigt.
Update 2: Scheinbar völlig verdrängt, daß jemand diese Teaser schon vor Monaten in eine Infographik gepackt hat. Habe damals dort sogar kommentiert, wie man sieht.
Die Sache mit den Celebrity-Testimonials
Beyoncé trägt Blusen für 9,95 €. Das mit der Musik scheint nicht mehr so gut zu laufen.
— Peter Breuer (@peterbreuer) May 8, 2013
Ich wollte eigentlich schon damals direkt darauf antworten. Daß Werbung so einfach nicht funktioniert. Daß das Prinzip von Ursache und Wirkung - “Kaufen, Kaufen! Billig, billig!” - hier einfach zu kurz greift. Daß es bei prominenten Werbegesichtern nicht nur um kurzfristige Abverkaufssteigerung, sondern mindestens ebenso um Imagetransfer zur Marke geht. Daß gerade in diesem Preissegment eher umgedreht ein Schuh draus wird: Beyoncé sieht nicht wegen den Klamotten einer schwedischen Textilkaufhauskette atemberaubend gut aus, sondern trotz. Und daß es ein professioneller Werbetexter wie Peter Breuer besser wissen müßte.
Weiß er eigentlich auch. Aber wer von uns hat für einen flachen Witz noch nicht die ein oder andere Verkürzung in Kauf genommen? Und dann lese ich diesen Artikel auf stylebook.de/ und komme doch etwas ins Grübeln. Wird sowas gezielt vom Management lanciert, um Stars nahbarer erscheinen zu lassen? Für die Mode-Discounter ist das natürlich willkommene PR. Da wäscht eben eine Hand die andere, weil Stars dieses Kalibers mittlerweile nicht mehr als Einzelpersonen gesehen werden können, sondern als Ein-Personen-Entertainment-Imperium - sozusagen die Glamourvarinate der Ich AG. Weshalb man solche Kampagnen in modernem Marketingsprech folgerichtig nicht mehr als Aushängeschildchen bezeichnet, sondern immer gleich von Kooperationen und Partnerschaften die Rede ist.
Nicole Kidmans fleckige Jogginghose
Schauspielerin nimmt gezielt Auszeiten
Von Hendrik Spree, WTF-Hörfunkstudio HollywoodSollte Nicole Kidman je auf dem Weg zum Idol für Stilbewußtsein und Geschmackssicherheit gewesen sein, so sollte sie aufpassen, dass der Sockel ihres Denkmals nicht bröckelt, bevor sie darauf in strahlender Positur Platz nimmt. Denn die Darstellerin taugt weder zum Vorbild noch zur Heldin. Je mehr wir über die 46-jährige Australierin erfahren, desto weniger überzeugend sind ihre Motive und Methoden.
Dabei, um es vorweg zu sagen, ist es durchaus wichtig, was man über die Glamourwelt und in der Folge auch die Praktiken der US-Filmindustrie bei ihrer Oscar-Verleihung erfahren hat. Es ist haarsträubend, wie kapitalistische Modekonzerne in Paris und Mailand ihren Marketingabteilungen entweder wissentlich oder doch zumindest höchst fahrlässig unkontrollierte Freiheiten zubilligten, die das Vertrauen in die Werbung tief erschüttern müssen.
Berechtigte Empörung und Wut
Dabei spielt es nicht mal eine Rolle, ob Modeliebhaber und Cineasten die Sache lockerer sehen als durchschnittlich Interessierte oder sogar Männer. Nicht einmal der Zweck, gemütlich relaxen zu wollen, heiligt alle Mittel. Die Empörung, die Wut ist daher berechtigt. Die Medienlandschaft hat solche Paparazzimethoden weder nötig noch sind die Verlage darauf angewiesen, in geheimen Redaktionssitzungen intransparente Regeln zu zementieren. Man darf nicht Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre gegeneinander ausspielen. Das sichtbar zu machen, ist ein Verdienst Kidmans. Das ist es aber auch schon weitgehend.Spätestens seit bekannt ist, mit wem sie sich einlässt, um an begehrte Red-Carpet-Kleider zu gelangen, wer sie unterstützt und vor allem, dass sie nichts dafür bezahlen muss, sondern kostenlos und manchmal sogar für Geld Kleidung eines bestimmten Modedesigners trug, sieht man Flecken auf dem Seidenstoff, aus dem die Promiträume sind.
Kidman soll der englischen “Vogue”, der sie sich anvertraute, gesagt haben, sie sei eine ganz normale Frau, die zuhause auch mal Jogginghose trage und sehe, zu was Modemagazine und Celebrity-Berichterstattung besonders weibliche Teenager treiben. Ehrlicher ist da schon, was sie in Cannes kundtat: Sie habe extra deshalb Schauspielerin werden wollen, nicht um darstellerische Glanzleistungen abzuliefern, sondern um angehimmelt zu werden. Mindestens Vorsatz ist das.
Kidman kann Konsequenzen nicht einschätzen
Das ist der nächste Vorwurf, den sich Kidman gefallen lassen muss: Unter dem Mäntelchen der globalen Verantwortung bringt sie Dinge und Verfahren ans Licht, deren Konsequenzen sie nicht einschätzen kann. Weiß sie, was die billigen Modeketten daraus machen, wie sie künftig mit geklauten Trends und gefälschter Markenware umgehen werden? Hat sie bedacht, dass Gewerkschafter und alle anderen, die sich für bessere Arbeitsbedingungen in allen möglichen Fertigungsländern einsetzen - China, Vietnam, Bangladesh zuvorderst - möglicherweise in großer Gefahr sind? Wer sich mit dem Teufel einlässt, wird auch die Hitze spüren.Die Freiheit und die Authentizität, für die Kidman zu kämpfen vorgibt, sind weder in der “Gala” noch in “Bunte” und auch nicht in der vorgenannten Modebibel zu finden. Zudem stehen sensible Beziehungen zwischen Zeitschriften und Modehäusern auf dem Spiel. Kidman, sofern sie nicht nur publicitygeil ist, handelt mindestens naiv und unbedacht. Vielleicht ist sie sogar jemand, die aus purer Berechnung ohne High Heels ins Rampenlicht tritt, wo sie es sich doch angeblich nur ein wenig gemütlich machen wollte.
(Ich mag nicht das Wort Satire benutzen, aber dieser Beitrag ist nicht mein Ernst. Den Originalartikel finden Sie auf tagesschau.de/.)
historisch & wegweisend
Foursquare hat mit Time Machine ein sehr schickes Tool zur Visualisierung vergangener Check-ins gebastelt. Falls Ihr den Location Based Service nutzt, solltet Ihr Euch das auf jeden Fall ansehen. Auch, wenn sich der tatsächliche Erkenntnisgewinn in Grenzen hält.
Aber gerade die Sprünge können doch die eine oder andere Urlaubserinnerung auffrischen. Leider fehlen bei mir einige Ausbrüche, etwa Italien oder Belgien, während Berlin-Besuche drin sind. Doch macht selbst die Aneinanderreihung von Check-ins allein in der Heimatstadt schon ordentlich was her.
Am Ende bekommt man die Zusammenfassung auch noch als übersichtliche Infographik ausgehändigt. Nur, was das alles mit irgendeinem neuen Smarttelephon zu tun hat, das wird mir nicht so richtig klar. Werbung eben. (click image to enlarge)
Wofür man Foursquare wiederum auch verwenden kann, zeigt diese Spielerei. Sartre wäre über den anti-sozialen Ansatz sicher begeistert. Not.
(beides via @roitsch)
Werbemittel gone wrong
Im Rahmen einer Promo-Aktion am Deutzer Bahnhof in die Hand gedrückt bekommen. // Entweder können die Leute vom Comedy-Camp sehr gut über sich selbst lachen. Also in einem positiven Sinn, nicht nur über die eigenen Witze.
Oder es wird wohl eher so gelaufen sein, daß Kooperationspartner Radio Köln irgendwo noch einen riesigen Container mit diesen Ohrstöpseln rumstehen hatte. Man brauchte den Lagerplatz, vielleicht haben die Dinger sogar ein Mindesthaltbarkeitsdatum - sie mußten jedenfalls weg. Also schnell einen Flyer zusammengedengelt, eilig drangetackert und dann ab dafür.
Da scheint es auch nicht gestört zu haben (wahrscheinlich ist es noch nicht einmal jemandem aufgefallen), daß so ein Werbemittel für ein gitarrenverstärkerlautes Rockkonzert vielleicht eine gute Wahl ist. Ein Programm, bei dem einzelne Leute auf der Bühne stehen und ihnen als Instrumente mutmaßlich nur ihre Späße und Stimmen zur Verfügung stehen, ist es definitiv nicht.
Das bahn'sche Pendel
Ausschlag // Irgendwann ist es dann auch gut mit dem Regionalverkehr, denkt man sich. Die REs sind laut, überfüllt und langsam. Zu den Hauptzeiten muß man froh über jeden ergatterten Sitzplatz sein, an das Aufklappen eines Laptops ist bei dieser Art der Fortbewegung nicht zu denken. Im Sommer ist die Luft schlecht, im Winter ließe sich dieses Lamento endlos fortsetzen.
Also vielleicht sein Monatsticket etwas aufstocken? Das Ding kostet im VRS (Stufe 5) ohnehin schon stolze 231,00 Euro, dafür darf man dann aber auch in ganz Köln und Düsseldorf Mitte/Nord sowie dazwischen rumgurken. Und da noch einmal draufzahlen? Das wären beim IC/EC-Zuschlag monatlich immerhin 64,80 Euro, die jeweils dazukommen. Machte also insgesamt eine Summe von 295,80 Euro. Da ist die ICE-Nutzung nicht inklusive und kann auch nicht für einzelne Fahrten dazugebucht werden.
Also andersrum: Das DB-Monatsticket für das Fahren mit ICE zwischen Köln und Düsseldorf kostet 238,00 Euro. So kommt man natürlich nur von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof. Wenn man in den beiden Städten auch noch Straßen- und U-Bahnen nutzen möchte, dann braucht man noch ein sogenanntes NRWplus-Ticket zum Monatspreis von 56,00 Euro. Rechne ich nun zusammen, komme ich auf einen Gesamtpreis von 294,00 Euro im Monat und damit zu dem Schluß, daß für einen Pendler zwischen Köln und Düsseldorf das Fahren mit IC/EC teurer ist, als mit dem ICE. Und das kann doch nicht sein, oder?
Mit dem ICE-Ticket ist es natürlich möglich, auch IC oder sogar RE zu fahren, wenn es die Situation erfordert. Obige Vergleichsrechnung berücksichtigt in beiden Fällen keine verbilligten Abonnements. Und vom generellen Wucher für eine weniger als 50mal im Monat zurückgelegte Strecke von etwa 40 Kilometern so oder so fast 300,00 Euro zu nehmen, fange ich gar nicht erst an.
NACHSCHLAG // Die Deutsche Bahn hat mich an den Verkehrsverbund verwiesen. Der wiederum gibt zu, daß die Zahlen so stimmen, hält die beiden Angebote allerdings nicht für vergleichbar, weil man mit seiner Variante ja noch in Leverkusen Bus fahren könnte.