HTML for Babies
Das tolle Buch von John Vanden-Heuvel kann man hier kaufen. Ich bin jedenfalls gespannt auf die nächsten beiden Volumes, die hoffentlich nicht zulange auf sich warten lassen. Und wenn man Programmieren lernen möchte, dann empfehle ich die codecademy.com/ für den Anfang.
TdM // Sept. 2011
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Auch wenn das wohl mittlerweile gar nicht mehr der aktuelle Bundeswehr-Claim ist.
überschriftlich
Ihr überlegt sicher auch ständig, wie man Sponsor als Verb schreibt, sozusagen ververblicht. Sponsorn oder sponsern? Weil man ja beinahe täglich Dinge sponsort und sich beim Sachenmachen sponsern läßt. Ständig, wie gesagt. Oder von Fall zu Fall, obwohl es hier nicht um den Kasus geht, sondorn ums Konjugieren. Blöd, wenn sich die Schreibweise dann auch noch je nach Person ändert. Ich google das, du googelst das, er/sie/es googelt das. Oder orthographiert jemand: ich googel das bzw. du googlest das? Vom simsen oder SMSen fange ich gar nicht erst an. Weil das jawohl kaum noch eine/r nutzt. Und ja, ich mußte natürlich nachgucken, weil ich seit sofort nach dem Latinum Deklination und Konjugation verwechsle. Oder verwechsele. Und jaja, ich habe keine Ahnung, wie ich jetzt elegant zu diesem Video überleiten soll, daß Whitney Houston und Serge Gainsbourg gemeinsam bei einem unmusikalischen TV-Auftritt zeigt.
(via)
Lord Overwhelmchen
Laubsauger verursachen Krebs. Laubsäuglinge haben kleine Pimmel. Deine Mutter muß als Fön Föhn Haartrockner einen Laubsauger verwenden. Laubsucker MCs can be a pain. Chuck Norris braucht keinen Laubsauger. Und wieso sind diese verdammt Dinger überhaupt Anfang August schon im Einsatz? Hat nach diesem äußerst bescheidenen Sommer der Herbst etwa schon angefangen?
Wenn Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt wäre, dann hieße der ABBA-Song “The Winner Tax It All”.
Tablettkettenreaktion
Wie das Internet mich per Umweg auf einen neuen Haushaltsgegenstand in unserer Küche aufmerksam gemacht hat.
Ich saß im Wohnzimmer, als eine Freundin das Bild von einem IKEA-HotDog gepostet hat. Kurz darauf lädt wiederum eine Freundin von ihr das Photo eines vogelmustergültigen Tabletts hoch. Die beiden sind oft zusammen unterwegs.
Meine Frau ist einige Tage zuvor ebenfalls bei (hier so eine noch nicht einmal notdürftig verschleiernde Umschreibung wie “der bekannte blau-gelbe Möbelriese aus Schweden” einfügen) gewesen und als sie mit dem Bild unten antwortet, ist mir klar geworden, was sie dort unter anderem gekauft hat.
Ich gehe also vom Wohnzimmer in die Küche und erblicke das Tablett, welches aus mir unerfindlichen Gründen den Namen Bärbar trägt und scheinbar sehr beliebt ist. Fast so beliebt wie Instagram in meinem Freundeskreis.
abgekartet
So eine real time map with Flickr pics muß ich bei nächster Gelegenheit mal ausprobieren. Immerhin habe ich schon einmal alle beschriebenen Maßnahmen zur Vorbereitung getroffen. (via @m_boesch)
Was ich aber direkt erledigt habe: Die Tischtennisplatte im Park bei mir um die Ecke in dieses Open Ping Pong-Verzeichnis bei Google Maps einzutragen. Obwohl ich eigentlich viel lieber Frisbee spiele. (via spreeblick.com/)
Drehtermin: KW 31.
“Derselbe Protagonist einige Szenen später in einer überfüllten U-Bahn stehend. Seine Versuche, sich auf die Lektüre von so etwas wie Joyces Ulysses zu konzentrieren, werden von der Menge und Lautstärke seiner Mitfahrer zunichte gemacht. Leute drängeln sich an ihm vorbei, rempeln ihn an. Geruchsbelästigung, das Übliche. An der nächsten Haltestelle steigen noch mehr Menschen ein als aus. Der Protagonist zwingt sich zur Unverzweiflung und schickt sich an, der Ablenkung entgegenwirken zu wollen. Schließlich klemmt er sich den aufgeschlagenen Wälzer zwischen die Knie, holt ein Kopfhörerknäuel aus der Jackentasche und beginnt damit, die Kabel zu entwirren. Das dauert, die verständnisvoll mitleidigen Blicke der anderen Fahrgäste nimmt er dabei nicht wahr. Kurz bevor seine Bemühungen ins Slapstickhafte abzugleiten drohen, geht ein durch Kurve oder Bremsen verursachter Ruck durch den Wagon. Das Buch entgleitet der Knieklemme, fällt zu Boden, die Seite ist verschlagen. Schnitt.”
gifallen
Seitenbacher, Seitenbacher, Seitenbacher. Und Carglass. 1952 natürlich die Männer mit Nach-, die Frauen beim Vornamen.
Hadley stand auf und ging hinüber zur schweren Musiktruhe. Er schaltete die Hi-Fi-Anlage an und drehte an den Knöpfen. Es lief nur Jazz, also schaltete er sie wieder aus. "Radios sind einfach schrecklich", sagte Ellen. "Den ganzen Tag nichts als Seifenopern und Werbung. Ich hasse diese gesungenen Werbespots, die treiben mich in den Wahnsinn." "Genau das sollen sie ja auch", erwiderte Fergesson. "Wer denkt sich denn sowas aus? Es sollte gute Musik laufen. Aber die meisten Radiosendungen sind so geschmacklos. Natürlich, der Durchschnittsbürger mag solche Sachen, und wahrscheinlich müssen die ihre Programme nach der größtmöglichen Hörerschaft ausrichten." "Also nach Volltrotteln", sagte Hadley. Fergesson kaute auf seiner Lippe und fragte: "Sind Sie jemals einer Person begegnet, die gesungene Werbespots mochte? Wenn Sie in diesem Land eine Befragung durchführten, würden Sie nicht einen gottverdammten Menschen finden, dem gesungene Werbespots gefallen." "Aber warum senden die sie dann?" fragte Ellen. "Weil damit Waren verkauft werden", antwortete Fergesson. "Sie irritieren, und die Leute merken sich das dann umso besser. Sie funktionieren einfach, und deswegen werden immer neue produziert."
Aus: Philip K. Dick, Stimmen der Straße
Zugabe // Was David Byrne 1987 über Computer der Zukunft gedacht hat.
Elektropolis
So heißt eine vollautomatische Stadt aus Erich Kästners Der 35. Mai. In dem 1932 erschienen Kinderbuch über die Reise von Konrad, seinem Onkel Ringelhuth und dem rollschuhlaufenden Pferd Negro Kaballo nach der Südsee passieren einige seltsame Dinge. So ist auch das Kapitel über die Zukunftsversion Elektropolis sicher nicht ganz ernst gemeint. Per Sprachsteuerung gelenkte Autos, Bürgersteige als Rollbänder, an den Himmel geschriebene Zeitungen, um nur einige Errungenschaften zu nennen. Dank der Maschinisierung müssen die Menschen nur noch einen Tag pro Monat arbeiten. Aber was bringt die drei Besucher erst so richtig zum Staunen?
Am meisten aber imponierte ihnen Folgendes: Ein Herr, der vor ihnen auf dem Trottoir langfuhr, trat plötzlich aufs Pflaster, zog einen Telefonhörer aus der Manteltasche, sprach eine Nummer hinein und rief: "Gertrud, hör mal, ich komme eine Stunde später zum Mittagessen. Ich will vorher noch ins Laboratorium. Wiedersehen, Schatz" Dann steckte er sein Taschentelefon wieder weg, trat aufs laufende Band, las in einem Buch und fuhr seiner Wege.
Am Ende kollabiert natürlich alles liegt in Trümmern, die Stadt hat sich selbst gefressen.
treff/sicher
Harald Martenstein über Kein Kölsch für Nazis. Schon seltsam, wie es Die Zeit ansonsten schafft, in den letzten Wochen gerade die Artikel, in denen mir einzelne Formulierungen aufstoßen oder gleich der ganze Duktus mißfällt, nicht online zur Verfügung zu stellen. Und weil ich zu faul bin, im Altpapierstapel nach den letzten zweidrei Ausgaben zu kramen, muß jetzt eben das Gedächtnis herhalten. Dafür zitiere ich auch indirekt.
In einem Artikel zum Finale von Germany’s Next Topmodel äußert sich Miriam Lau im Schlußabsatz dahingehend, daß sich bei der Model-Castingshow nur Hauptschülerinnen und Friseusenazubis bewürben. Und stellt die pädagogischen Fähigkeiten ihrer sowohl Lehrer als auch Eltern gleich mit infrage. Im selben Feuilleton wird der Versuch unternommen, sich in einem kurzen Halbspaltentext für einen ach so tollen Lead Award selbst auf die Schulter zu klopfen, gleichzeitig aber darüber mokiert, daß diese Auszeichnung auch einer solch anspruchslosen Werbekampagne wie Diesels Be stupid verliehen worden ist. In der neuesten Ausgabe dann ein Halbsätzchen direkt auf der Titelseite, im Rahmen der causa Silvana: Es wäre doch nicht frei von einer gewissen Ironie, daß gerade dieses Internet - sonst in erster Linie für notorische Raubcopy&Pasteleien bekannt - etwas wie Gutten- sowie VroniPlagen hervorbrächte. Dieses, nein, das Internet. Weißt Du, was ich ironisch finde, liebe Zeit? Daß ich bald kein Klopapier mehr zum Arschabwischen habe, weil ich das Abonnement Deiner Printausgabe nämlich kündigen werde, wenn Du weiter meinst, in aufgesetzt elitärer Pose in dieser billigen, effektheischerischen Art und Weise auf Andere herabsehen zu müssen. Ich kündige dann schriftlich - auf diesem Papier, you know?
lager/feuer
Als alter Suchtbolzen bin ich gestern Abend direkt mit Beginn des Abspanns von The Wrestler quasi ans offene Küchenfenster gesprintet, um eine Zigarette zu rauchen. Und habe mich gefreut, daß Bruce Springsteen trotzdem für mich gesungen hat - nämlich quer über den Hinterhof aus einer gegenüberliegenden Wohnung.
Ich habe schon einmal etwas darüber geschrieben, daß man TV vielleicht nicht in erster Linie, aber sicher zu einem Großteil nicht wegen des Inhalts glotzt, sondern wegen der Anschlußmöglichkeiten. Mit dem Wissen um die Begrenztheit von (naja: guten) Programmen reicht allein Möglichkeit, jemand könnte sich gestern diesen oder jenen Film ebenfalls angesehen haben, um miteinander ins Gespräch zu kommen. “Hast Du gestern The Wrestler geguckt?"
Streng genommen liest man Zeitung nicht um sich zu informieren, was in der Welt passiert. Man liest Zeitung um sich darüber zu informieren, worüber andere sich informieren, wenn sie in der Zeitung lesen, was in der Welt passiert. Und diese Funktion wird durch das Internet nicht ersetzt.(Zitat Stefan Schulz, via pool.pauneu.de/)
Kontrastischer konnte der Unterschied gestern kaum sein: vor Aronofskys Film in der ARD habe ich mir das Finale von Germany’s Next Topmodel angesehen. Und zeitgleich auf Twitter verfolgt. Braucht man ja nicht mehr viel Worte drüber zu verlieren, eins reicht: Tatort. Und genau in diesem Stil vermuten manche das Fernsehen der Zukunft, die Community/Fanbase trifft sich im Netz, um sich noch während der laufenden Sendung über selbige auszutauschen. Comenta.TV aus Südamerika, home of the telenovelas, könnte ein vielversprechender Ansatz dafür sein.
Zumindest übergangsweise. Denn man fragt sich schon heute, wie lange es noch dauert, bis 1st und 2nd screen die Rollen tauschen. Bewegtbild ist - egal wie schnell die Szenenfolgen in Zukunft noch aneinander geschnitten werden - einfach viel zu langsam. Selbst unter einer Minute Filmlänge zu langatmig. Hat nicht jeder schon einmal auf das Vimeo-Herzchen oder den YouTube-Daumen geklickt, quasi als Entschuldigung, sich das Video nicht zuende angeschaut zu haben?
On the internet memes are the new TV.
Längst hat das Internet seine eigene Form von Kommunikationsanschlußverfahren: der Name dieser Kulturtechnik lautet Meme. Und wie schnell deren Halbwertszeit bemessen ist, kann man sich in dieser Übersicht der zu durchlaufenden Stadien ganz gut vergegenwärtigen. Beim textlichen Durchlauferhitzer Twitter können das Hashtags wie #einbuchstabendanebentiere sein. Oder auf anderen Plattformen wie Tumblr, Facebook, … zum Beispiel auch Bilder.
Anders als etwa bei einer Fernsehserie braucht man sich nicht lange in komplexe Handlungen hineindenken. So ein Meme ist in Sekundenschnelle begriffen; man versteht es sofort und kann ohne Umstände mitreden. Nicht umsonst leitet sich der Begriff von der Dawkins kleinsten Gedankeneinheit ab. Vielleicht liege ich aber auch falsch und es sind nicht Meme, sondern Verschwörungstheorien, die im Internet dem Fernsehen den Rang ablaufen. And by the way: Zapping is back! Alsoll heißen, kann man jetzt online gucken.
weiter am text
Eigentlich wollte ich diesen Tweet hier in obige Liste packen, aber dann habe ich mich an den @Phrasenpranger erinnert. Und doppelt muß ja nicht sein, deshalb ziehe ich den Kreis enger. Wer also noch andere dieser speziellen, aus zwei Begriffen zusammengezüchteten und mittlerweile zu peststehenden Redewendungen mutierten Worthülsenfrüchtchen auf Lager hat, her damit: Die Liste wird jawohl über einen Dreier hinaus zu verlängern sein. Vorschläge/Hinweise (müssen nicht unbedingt Tweets sein) gerne in die Kommentare. Danke!
alter vor schnödheit
Nun also auch Sibylle Berg mit einem “früher war alles besser”-Text. Ein Abgesang auf die Intellektualität soll es wohl sein, als ob deren Stimme je viel gegolten hätte. Berg fällt dabei wohl, wie so viele, auf die allgegenwärtige Sichtbarkeit des Banalen herein. Meiner Meinung nach ein bloßes Filterversagen, gepaart mit einer gehörigen Portion Verklärung der Vergangenheit. Dabei endet ihr Text wie folgt:
Das Königspaar der glänzenden neuen Welt ist nicht mehr Sartre und de Beauvoir, sondern Pitt und Jolie. Kinder, Häuser, Gestüte, unfassbarer Reichtum, so wollen wir sein, so müssen wir leben. Intellektuelle sind heute Verlierer, weil sie kein Geld verdienen. Sie haben keine Label an ihrer Kleidung, sie feiern nicht in St. Moritz, sie sind ohne jede Bedeutung für unsere Gesellschaft, also lächerlich.Ab und zu hört man einen wie Alexander Kluge bedächtig in eine Kamera atmen, man hört von Theaterstücken oder Philosophen, die keine Millionenauflagen erreichen, aber wozu? Was nicht verkauft, hat keinen Wert. Der Erfolg gibt ihnen recht, das ist eines der blödesten Sprichworte unserer Zeit, die hoffentlich bald zu einem universellen Kollaps führen wird, zu einer großen Pulverisierung von allem, was wir kennen, um der Verblödung ein erfreuliches Ende zu bescheren.
Vorweg gesagt: Bergs Der Mann schläft ist eines der besten Bücher, welches ich in den letzten Jahren das Vergnügen zu lesen hatte. Und auch ihre Kolumne bei Spiegel Online gefällt mir in der Regel außerordentlich gut. Aber dieser Text hier ist nun wirklich ein Griff ins Allgemeinheitsklo, abgespült mit elitärer Ignoranzigkeit.
Was waren das für tolle zu Zeiten, als es noch keine Regenbogenpresse, noch kein RTL2 und auch kein Internet gab, in das sogar jeder reinschreiben darf, der sich dazu berufen fühlt? Man klickt arglos einen Link, zappt ein wenig durch die zweistelligen TV-Programme und schon bekommt man alle Schlechtigkeit der Welt drastplastisch vor Augen geführt. Nein, da hatte man es früher einfach einfacher. Spiegel, Zeit und Süddeutsche gelesen, dabei brav den eigenen Erwartungshorizont in höchstens homöopathischen Dosen überstrapazieren - fertig war die Strebergartenlaube Marke Eigenmuff.
Aus den Augen, aus dem Sinn: die andere Seite der “Ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt”-Medaille. I like. Wie sonst ist es zu erklären, daß man den Aushängeschildbürgern Sartre und de Beauvoir (Königspah!, sic!) außerhalb eines erweitert existenziellen Dunstkreisels globale Relevanz zugesteht? In Deutschland schwärmten die Massen zu dieser Zeit jedenfalls wohl eher für Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler wie heute für Brangelina. Wenn man schon einen Vergleich bemühen will. Mit dieser Logik wäre der Staat sozial gerechter, würde man diese ganzen unansehnlichen Penner aus den Fußgängerzonen der Innenstädte verbannen und an die Peripherie verfrachten, wo sie nicht so auffallen. Jedenfalls nicht den richtigen Leuten.
Intellektuelle waren nie, zu keiner Zeit die Gewinner; heute macht sich nur niemand mehr die Mühe, Ihnen Trostpreise zu verleihen. Heinrich Zschokke und August von Kotzebue beispielsweise waren die Kassenschlager um das Jahr 1800, nicht die später so nachrühmlichen Goethe und Schiller. Die beiden hätten sich ohne das Mäzenatentum am Weimarer Hof wahrscheinlich zu Spitzwegs Der arme Poet zum Sterben in die Dachkammer verkriechen können. Aber die Berg tut so, als hätte zu dieser Zeit jeder hinterwäldlerische Bauernflegel Kants Kritik der reinen Vernunft auf dem Nachttisch liegen gehabt. Ein Buch übrigens, daß die Neue Zürcher Zeitung bei Ersterscheinung im Jahre 1781 in Grund und Boden verrissen hat.
Ich will Tendenzen sicher nicht verharmlosen. Es gibt bestimmt einen Grund, warum die reiche Obersicht jahrhundertelang im Verborgenen gesaust und gebraust hat, während sie es heutzutage ungeniert öffentlich ausleben kann und dafür auch noch bewundert wird. Aber eben nur von Teilen der Gesellschaft. Denn die Unterschicht hat auch schon früher dem Herrn Doktor nicht wegen seiner rein intellektuellen Fähigkeiten Respekt in Form von Hutlüftungen gezollt, sondern aus dem handfesten Grund, weil es nur zwei Ärzte im Dorf gegeben hat und man höchstwahrscheinlich einmal auf seine Dienste angewiesen gewesen sein könnte. Und da kommt plötzlich die Urbanisierung und mit ihm die Unverbindlichkeiten, die Wahlfreiheiten des Kapitalismus. Es ist schon ein Kreuz mit dieser Demokratie, wenn auch noch Eigenverantwortung mit dazu kommt.
Frau Berg hat recht, der Intellektuelle ist derzeit nicht gerade wohl gelitten. Er ist es (mit Ausnahmen) allerdings nie wirklich gewesen. Zwar haben mittelalterliche Könige und Kaiser die schriftgelehrten Mönche hofiert, dabei doch nie ihren eigenen herrschsüchtigen Vorteil in einer analphabetisierten Welt aus den Augen gelassen. Das leibeigene Volk hat die auf Latein gelesenen Messen sowieso nicht verstanden und derweil ganz andere Probleme gehabt.
Mit dem nachzeitigen Buchdruck als vorherrschendem Medium ist es ein Leichtes gewesen, sich in die eigene Talartasche zu lügen und die Bedeutung von Geistengrößen in der Rückschau als übergroß darzustellen. Objects in rear mirror are closer than they appear. In Zeiten des Internets wird es sicher schwerer werden, die - positiv gewendet: - die Spreu vom Weizen zu trennen. Und es bedarf seitens der Gelehrten sicherlich einer im Vergleich zum klösterlichen Scriptorium gesteigerten Selbstdiziplin, nicht der allüberall lauernden Prokrastination anheimzufallen. Aber mit einer geeigneten Herangehensweise hat Serendipity auch seine Vorteile.
Seltsam nur, daß jetzt auf einmal Leute mit genau so einer “Führer war alles besser”-Denke die Filterblindheit des personalisierten Internets als Spiegelkabinett anprangern. Und das dann auch noch zum Untergang des Abendlandes aufspielen. Als ob es die letzte Schlacht zu schlagen gilt.













