Über Lesen

    1984

    Weil in dieser tollen Cover-Reihe eine deutsche Ausgabe fehlt, packe ich meine einfach dazu. Ich finde, der minimalistische Ullstein-Entwurf (Erscheinungsjahr 1984) macht sich nicht schlecht in der Reihe, auch wenn die Neonfarbe in 27 Jahren etwas verblasst ist und auf dem Photo noch weniger rüberkommt.

    1984

    Das Ministerium für Wahrheit empfiehlt derweil, sich alte Folgen von How I met Your Mother noch einmal anzuschauen.

    Elektropolis

    So heißt eine vollautomatische Stadt aus Erich Kästners Der 35. Mai. In dem 1932 erschienen Kinderbuch über die Reise von Konrad, seinem Onkel Ringelhuth und dem rollschuhlaufenden Pferd Negro Kaballo nach der Südsee passieren einige seltsame Dinge. So ist auch das Kapitel über die Zukunftsversion Elektropolis sicher nicht ganz ernst gemeint. Per Sprachsteuerung gelenkte Autos, Bürgersteige als Rollbänder, an den Himmel geschriebene Zeitungen, um nur einige Errungenschaften zu nennen. Dank der Maschinisierung müssen die Menschen nur noch einen Tag pro Monat arbeiten. Aber was bringt die drei Besucher erst so richtig zum Staunen?

    Am meisten aber imponierte ihnen Folgendes: Ein Herr, der vor ihnen auf dem Trottoir langfuhr, trat plötzlich aufs Pflaster, zog einen Telefonhörer aus der Manteltasche, sprach eine Nummer hinein und rief: "Gertrud, hör mal, ich komme eine Stunde später zum Mittagessen. Ich will vorher noch ins Laboratorium. Wiedersehen, Schatz" Dann steckte er sein Taschentelefon wieder weg, trat aufs laufende Band, las in einem Buch und fuhr seiner Wege.

    zlato u parizu.april 10

    Am Ende kollabiert natürlich alles liegt in Trümmern, die Stadt hat sich selbst gefressen.

    treff/sicher

    Harald Martenstein über Kein Kölsch für Nazis. Schon seltsam, wie es Die Zeit ansonsten schafft, in den letzten Wochen gerade die Artikel, in denen mir einzelne Formulierungen aufstoßen oder gleich der ganze Duktus mißfällt, nicht online zur Verfügung zu stellen. Und weil ich zu faul bin, im Altpapierstapel nach den letzten zweidrei Ausgaben zu kramen, muß jetzt eben das Gedächtnis herhalten. Dafür zitiere ich auch indirekt.

    In einem Artikel zum Finale von Germany’s Next Topmodel äußert sich Miriam Lau im Schlußabsatz dahingehend, daß sich bei der Model-Castingshow nur Hauptschülerinnen und Friseusenazubis bewürben. Und stellt die pädagogischen Fähigkeiten ihrer sowohl Lehrer als auch Eltern gleich mit infrage. Im selben Feuilleton wird der Versuch unternommen, sich in einem kurzen Halbspaltentext für einen ach so tollen Lead Award selbst auf die Schulter zu klopfen, gleichzeitig aber darüber mokiert, daß diese Auszeichnung auch einer solch anspruchslosen Werbekampagne wie Diesels Be stupid verliehen worden ist. In der neuesten Ausgabe dann ein Halbsätzchen direkt auf der Titelseite, im Rahmen der causa Silvana: Es wäre doch nicht frei von einer gewissen Ironie, daß gerade dieses Internet - sonst in erster Linie für notorische Raubcopy&Pasteleien bekannt - etwas wie Gutten- sowie VroniPlagen hervorbrächte. Dieses, nein, das Internet. Weißt Du, was ich ironisch finde, liebe Zeit? Daß ich bald kein Klopapier mehr zum Arschabwischen habe, weil ich das Abonnement Deiner Printausgabe nämlich kündigen werde, wenn Du weiter meinst, in aufgesetzt elitärer Pose in dieser billigen, effektheischerischen Art und Weise auf Andere herabsehen zu müssen. Ich kündige dann schriftlich - auf diesem Papier, you know?

    alter vor schnödheit

    Nun also auch Sibylle Berg mit einem “früher war alles besser”-Text. Ein Abgesang auf die Intellektualität soll es wohl sein, als ob deren Stimme je viel gegolten hätte. Berg fällt dabei wohl, wie so viele, auf die allgegenwärtige Sichtbarkeit des Banalen herein. Meiner Meinung nach ein bloßes Filterversagen, gepaart mit einer gehörigen Portion Verklärung der Vergangenheit. Dabei endet ihr Text wie folgt:

    Das Königspaar der glänzenden neuen Welt ist nicht mehr Sartre und de Beauvoir, sondern Pitt und Jolie. Kinder, Häuser, Gestüte, unfassbarer Reichtum, so wollen wir sein, so müssen wir leben. Intellektuelle sind heute Verlierer, weil sie kein Geld verdienen. Sie haben keine Label an ihrer Kleidung, sie feiern nicht in St. Moritz, sie sind ohne jede Bedeutung für unsere Gesellschaft, also lächerlich.

    Ab und zu hört man einen wie Alexander Kluge bedächtig in eine Kamera atmen, man hört von Theaterstücken oder Philosophen, die keine Millionenauflagen erreichen, aber wozu? Was nicht verkauft, hat keinen Wert. Der Erfolg gibt ihnen recht, das ist eines der blödesten Sprichworte unserer Zeit, die hoffentlich bald zu einem universellen Kollaps führen wird, zu einer großen Pulverisierung von allem, was wir kennen, um der Verblödung ein erfreuliches Ende zu bescheren.

    Vorweg gesagt: Bergs Der Mann schläft ist eines der besten Bücher, welches ich in den letzten Jahren das Vergnügen zu lesen hatte. Und auch ihre Kolumne bei Spiegel Online gefällt mir in der Regel außerordentlich gut. Aber dieser Text hier ist nun wirklich ein Griff ins Allgemeinheitsklo, abgespült mit elitärer Ignoranzigkeit.

    Was waren das für tolle zu Zeiten, als es noch keine Regenbogenpresse, noch kein RTL2 und auch kein Internet gab, in das sogar jeder reinschreiben darf, der sich dazu berufen fühlt? Man klickt arglos einen Link, zappt ein wenig durch die zweistelligen TV-Programme und schon bekommt man alle Schlechtigkeit der Welt drastplastisch vor Augen geführt. Nein, da hatte man es früher einfach einfacher. Spiegel, Zeit und Süddeutsche gelesen, dabei brav den eigenen Erwartungshorizont in höchstens homöopathischen Dosen überstrapazieren - fertig war die Strebergartenlaube Marke Eigenmuff.

    Aus den Augen, aus dem Sinn: die andere Seite der “Ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt”-Medaille. I like. Wie sonst ist es zu erklären, daß man den Aushängeschildbürgern Sartre und de Beauvoir (Königspah!, sic!) außerhalb eines erweitert existenziellen Dunstkreisels globale Relevanz zugesteht? In Deutschland schwärmten die Massen zu dieser Zeit jedenfalls wohl eher für Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler wie heute für Brangelina. Wenn man schon einen Vergleich bemühen will. Mit dieser Logik wäre der Staat sozial gerechter, würde man diese ganzen unansehnlichen Penner aus den Fußgängerzonen der Innenstädte verbannen und an die Peripherie verfrachten, wo sie nicht so auffallen. Jedenfalls nicht den richtigen Leuten.

    Intellektuelle waren nie, zu keiner Zeit die Gewinner; heute macht sich nur niemand mehr die Mühe, Ihnen Trostpreise zu verleihen. Heinrich Zschokke und August von Kotzebue beispielsweise waren die Kassenschlager um das Jahr 1800, nicht die später so nachrühmlichen Goethe und Schiller. Die beiden hätten sich ohne das Mäzenatentum am Weimarer Hof wahrscheinlich zu Spitzwegs Der arme Poet zum Sterben in die Dachkammer verkriechen können. Aber die Berg tut so, als hätte zu dieser Zeit jeder hinterwäldlerische Bauernflegel Kants Kritik der reinen Vernunft auf dem Nachttisch liegen gehabt. Ein Buch übrigens, daß die Neue Zürcher Zeitung bei Ersterscheinung im Jahre 1781 in Grund und Boden verrissen hat.

    Ich will Tendenzen sicher nicht verharmlosen. Es gibt bestimmt einen Grund, warum die reiche Obersicht jahrhundertelang im Verborgenen gesaust und gebraust hat, während sie es heutzutage ungeniert öffentlich ausleben kann und dafür auch noch bewundert wird. Aber eben nur von Teilen der Gesellschaft. Denn die Unterschicht hat auch schon früher dem Herrn Doktor nicht wegen seiner rein intellektuellen Fähigkeiten Respekt in Form von Hutlüftungen gezollt, sondern aus dem handfesten Grund, weil es nur zwei Ärzte im Dorf gegeben hat und man höchstwahrscheinlich einmal auf seine Dienste angewiesen gewesen sein könnte. Und da kommt plötzlich die Urbanisierung und mit ihm die Unverbindlichkeiten, die Wahlfreiheiten des Kapitalismus. Es ist schon ein Kreuz mit dieser Demokratie, wenn auch noch Eigenverantwortung mit dazu kommt.

    Frau Berg hat recht, der Intellektuelle ist derzeit nicht gerade wohl gelitten. Er ist es (mit Ausnahmen) allerdings nie wirklich gewesen. Zwar haben mittelalterliche Könige und Kaiser die schriftgelehrten Mönche hofiert, dabei doch nie ihren eigenen herrschsüchtigen Vorteil in einer analphabetisierten Welt aus den Augen gelassen. Das leibeigene Volk hat die auf Latein gelesenen Messen sowieso nicht verstanden und derweil ganz andere Probleme gehabt.

    Mit dem nachzeitigen Buchdruck als vorherrschendem Medium ist es ein Leichtes gewesen, sich in die eigene Talartasche zu lügen und die Bedeutung von Geistengrößen in der Rückschau als übergroß darzustellen. Objects in rear mirror are closer than they appear. In Zeiten des Internets wird es sicher schwerer werden, die - positiv gewendet: - die Spreu vom Weizen zu trennen. Und es bedarf seitens der Gelehrten sicherlich einer im Vergleich zum klösterlichen Scriptorium gesteigerten Selbstdiziplin, nicht der allüberall lauernden Prokrastination anheimzufallen. Aber mit einer geeigneten Herangehensweise hat Serendipity auch seine Vorteile.

    Seltsam nur, daß jetzt auf einmal Leute mit genau so einer “Führer war alles besser”-Denke die Filterblindheit des personalisierten Internets als Spiegelkabinett anprangern. Und das dann auch noch zum Untergang des Abendlandes aufspielen. Als ob es die letzte Schlacht zu schlagen gilt.

    Erweiterung

    Arte Creative hatte ich seit seiner Entstehung irgendwie auf dem Schirm, wohl wegen Alain Bieber von rebelart.net/. Hörte sich ganz interessant an, habe aber nie reingeschaut. Bis Sascha Lobo eben den Link zu unterem Film getwittert hat. Die Seite ist ganz gut geworden. Und Rafael Horzons Das weiße Buch ist das beste Buch, das ich im letzten Jahr gelesen habe.

    Familienangelegenheit

    Nicht, daß dieser Text von Don Alphonso auf faz.net/ der Weisheit letzter Schluß wäre. Ist auch schwierig beim Thema Kinder, wenn nicht unmöglich. Wie man’s macht, macht man’s verkehrt. Und mit Sicherheit nie allen recht. Aber mit einem Zitat wie diesem

    Nachlässig, weinerlich und inkompetent wie die Nido-Supereltern, und völlig rückwärtsgewandt und überzogen, gehärtet und für die Moderne ruiniert von den Ansprüchen unserer eigenen Eltern.
    ist das im vorletzten ZEIT-Magazin veröffentlichte Gejammere von Jana Hensel treffend charakterisiert. Deren Artikel ist seit ein paar Tagen nun auch auf zeit.de/ zu lesen. Ich rate allerdings von einer Lektüre ab.

    Anspruch und Wirklichkeit. Kennt man ja.

    copy/text

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    Wer hat das verbrochen?

    Liebe Verbrecher-Verleger, wie bringe ich Euch das jetzt am besten bei? So ein Blog (wie z.B. Spreeblick, aber nicht nur) kann man weltweit lesen. Das ist der Vorteil an diesem Internet. Crazy shit, ich weiß. Der @freval kann Euch das sicher erklären. Und kommt mir nicht mit Zensur in China oder dem Iran. So gut ist Euer Vertrieb im Vergleich jetzt auch nicht. Das Buch habe ich mir trotzdem gekauft. Auch, weil beim diesjährigen Holy Shit Shopping am letzten Wochenende sonst nicht viel geboten worden ist. Das ist schon besser gewesen.

    Seht mal, wie toll meine Bildumrandgruppierung im Farbton zur Buchabbildung passt. Im Original ist das Schinkchen knallrot. Klick auf das Bild führt übrigens zum Download des aktuellen Verlagsprogramms. Oben abgebildeter Satz ist auf Seite 10 zu finden, falls jemand den Ausschnitt verifizieren möchte.

    preislichter

    Da bricht dem Pawlow’schen Lieblingshaustier kein Schlappohr aus der zackigen Dornenkrone. Roter Teppich als Leidensweg, Verlust der Privatsphäre. Reflexhaft unter jedem Zaun durchbuddeln, ohne zu wissen, was sich dahinter verbirgt. Und dabei diejenigen, die hinter einem stehen, mit Dreck bewerfen. Unabsichtlich, Kollateralschäden. Inkaufnahme. “Hier, guck mal: Ein Schwamm 2,99 - fünf Schwämme 9 Euro 99.” -“Was sollen wir denn mit den ganzen Schwämmen?” - “Aber die sind doch so billig!”

    Berufswunsch Berühmtheit, Lechzen nach einer Promistatusnachricht. So eine Flaschenhalsigkeit; aber wehe, es geht etwas daneben, wird auch nur ein Tropfen verschüttet. Karrieren müssen steil sein, Aufstiege immer kometenhaft. Fehltritte -anzeige. Da wird selbst der Ausnüchterungsurlaub in der Betty Ford Klinik zur Selbstbeweihräucherung statt Asche auf (m/d/s)ein Haupt. Hauptsache die Verhältnisse stimmen.

    Relativitätstheorie in der Praxis. Elfriede Jelinek über das Internet. Und worauf walfleischst Du?

    Lesestoffel

    Eine gute Ergänzung zu dem noch ziemlich frischen “Ich lese gerade”-Widget in meiner Sidebar sind die Fragen, auf die ich eben im letzten Blogpost bei dondahlmann.de/ gestoßen bin. Also habe ich mal so auf die Schnelle geantwortet:

    1. Das Buch, das du zurzeit liest Douglas Coupland, Generation A

    2. Das Buch, das du als nächstes liest/lesen willst Eigentlich liegt auf dem Nachttisch schon Einsamkeit und Sex und Mitleid von Helmut Krausser bereit, aber vielleicht bestelle ich ja doch den Herrndorfs Tschick.

    3. Dein Lieblingsbuch Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel

    4. Dein Hassbuch Alles von Paulo Coelho, ungelesen.

    5. Ein Buch, das du immer und immer wieder lesen könntest Eigentlich lese ich aus Prinzip kein Buch ein zweites Mal. Eine Ausnahme habe ich mal bei Dostojewskis Schuld und Sühne gemacht, nachdem die Neuübersetzung von Swetlana Geier unter dem Titel Verbrechen und Strafe herausgekommen ist.

    6. Ein Buch, das du nur einmal lesen kannst (egal, ob du es hasst oder nicht) Unmöglich ist ein starkes Wort, aber ein zweites Mal würde ich mich bei der Lektüre des kompletten Rougon-Macquart-Zyklus' von Emile Zola schon äußerst schwer tun.

    7. Ein Buch, das dich an jemanden erinnert Arno Schmidt, Seelandschaft mit Pocahontas (also nicht an die titelgebende Indianerhäuptlingstochter)

    8. Ein Buch, das dich an einen Ort erinnert Kein komplettes Buch, aber eine Kurzgeschichte: Hemingways Schnee auf dem Kilimandscharo wird mich immer an Paris erinnern.

    9. Das erste Buch, das du je gelesen hast Jens geht nicht verloren von (Autor mußte ich nachgucken) Volker W. Degener

    10. Ein Buch von deinem Lieblingsautoren/deiner Lieblingsautorin William Gaddis, JR

    11. Ein Buch, das du mal geliebt hast, aber jetzt hasst “Hassen” ist übertrieben. Sagen wir, ich fand Hermann Hesse noch nie wirklich gut und seitdem hat sich das Verhältnis noch zusehends verschlechtert.

    12. Ein Buch, das du von Freunden/Bekannten/… empfohlen bekommen hast Zwei Freunde haben mir mal zu ein und demselben Geburtstag (ich bin irgendwas um Mitte zwanzig geworden) beide J. D. Salingers Der Fänger im Roggen geschenkt. Sie meinten, das müsse man kennen, auch wenn ich damals bereits zu alt für das Buch gewesen sei. Sie hatten recht.

    13. Ein Buch, bei dem du nur lachen kannst Thomas Kapielski, Sämtliche Gottesbeweise

    14. Ein Buch aus deiner Kindheit Die Burg Schreckenstein-Reihe von Oliver Hassenkamp. Leider.

    15. Das 4. Buch in deinem Regal von links Eugen Egner, Aus dem Tagebuch eines Trinkers. Das letzte Jahr

    16. Das 9. Buch in deinem Regal von rechts Heiner Müller, Krieg ohne Schlacht

    17. Augen zu und irgendein Buch aus dem Regal nehmen Homers Ilias in der Übersetzung von Raoul Schrott

    18. Das Buch mit dem schönsten Cover, das du besitzt Cover, schwierig. Aber von der gesamten Aufmachung her - Typo, Papier, Einband, etc. - mit ziemlicher Sicherheit die gebundene US-Erstausgabe von Ethan Hawkes Ash Wednesday; allein der Seitenschnitt <3.

    19. Ein Buch, das du schon immer lesen wolltest Arno Schmidt, Zettels Traum (steht auch bereits seit Längerem im Regal…)

    20. Das beste Buch, das du während der Schulzeit als Lektüre gelesen hast Ein Theaterstück: Schillers Wilhelm Tell

    21. Das blödeste Buch, das du während der Schulzeit als Lektüre gelesen hast Adalbert Stifter, Der Hagestolz

    22. Das Buch in deinem Regal, das die meisten Seiten hat Marcel Proust, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

    23. Das Buch in deinem Regal, das die wenigsten Seiten hat Wahrscheinlich eine übel zusammengeschusterte, unvollständige Sammlung der Erwerbsregeln der Ferengis. Natürlich erschienen bei Heyne.

    24. Ein Buch, von dem niemand gedacht hätte, dass du es liest/gelesen hast Diverse, Die Bibel

    25. Ein Buch, bei dem die Hauptperson dich ziemlich gut beschreibt Albert Camus, Der Fall

    26. Ein Buch, aus dem du deinen Kindern vorlesen würdest James Krüss, Mein Urgroßvater und ich (✔)

    27. Ein Buch, dessen Hauptperson dein „Ideal“ ist Naja, ideal… Der grüne Heinrich von Gottfried Keller ist schon ein ziemlich korrekter Typ.

    28. Zum Glück wurde dieses Buch verfilmt! Hunter S. Thompson, Fear and Loathing in Las Vegas - und sei es nur deshalb, weil ich dadurch ein paar Jahre früher als wahrscheinlich sonst mit seinen Werken in Berührung gekommen bin.

    29. Warum zur Hölle wurde dieses Buch verfilmt? Harry Potter (as in: “Warum zur Hölle wurde dieses Buch geschrieben?)

    30. Warum zur Hölle wurde dieses Buch noch nicht verfilmt? Again: William Gaddis, JR (Aber will ich das?)

    31. Das Buch, das du am häufigsten verschenkt hast Keine Ahnung, aber als Autoren halten sich wohl Henning Mankell (Geschenk für Männer) und Isabel Allende (Geschenk für Frauen) in etwa die Waage. Jetzt könnt Ihr mich einen Sexisten nennen.

    Hingabelstapler

    Ich werde nicht auch noch meine Meinung zum leidigen Thema Google Street View beisteuern. Da haben sich nun wirklich bereits genug Leute den Mund drüber fusselig geredet und die Finger wund geschrieben. Kann ich auch nicht ansatzweise hier alle verlinken, also lasse ich es ganz. Aber wer schon einmal wissen möchte, was nächstes Jahr bei der großen Volkszählung so alles abgefragt werden soll, der kann sich das Musterformular hier (pdf) anschauen.

    Bis jetzt 110 Seiten indirekte Rede. Kein Satz ohne Konjunktiv. Konsequente Kleinschreibung. Auch wenn ich bis jetzt nur etwas über die Hälfte gelesen habe, empfehle ich die Lektüre des Buches die alarmbereiten von Kathrin Röggla. In der Sidebar dieses Blogs (sichtbar auf der Startseite, nicht bei einzelnen Artikeln) kann man seit gestern sehen, welches Printprodukt ich momentan konsumiere. Weil lesen wichtig ist. Und ja, als Amazon-Werbewidget. Vielleicht interessiert das den einen oder die andere.

    Ohren/Rohr

    Ist zwar schon eine halbe Netzewigkeit her, aber ich habe mich gerade an den von @kcpr getwitterten Hinweis auf diesen Artikel beim businessinsider.com/ erinnert. Die beiden Kernaussagen hier kurz zitiert:

    "Content is King" -- no longer. Today, the world has changed. "Curation Is King." "Andy Warhol was wrong. We're not going to be famous for 15 minutes. We're each going to be famous for 15 People."

    Fünfzehn Freunde, die mich (mehr oder weniger) gut leiden konnten, hatte ich auch schon, bevor ich im Internet unterwegs gewesen bin. Das Wort “berühmt” scheint mir in diesem Zusammenhang unpassend, vielleicht ist schon der Spruch, das Versprechen des Pop-Artisten schief gewählt gewesen. Noch wahrscheinlicher ist allerdings, daß er/es nur wirklich Sinn macht, wenn man ihn/es nicht als Alleinvertretungsanspruch versteht. Die etablierten Massenmedien bröckeln ein wenig, sicher. Aber Blogs, Tweets, etc. werden immer nur eine Ergänzung sein, die großen Publikationen werden auf absehbare Zeit nicht zu ersetzen sein. Die Klage, daß sich die Netzpublizisten neuerer Prägung zuwenig untereinander verlinken und die meisten doch nur auf Spiegel Online & Konsorten verweisen, sich an FAZ.net abarbeiten, dieses Wehgeschrei ist symptomatisch. Wie oft und regelmäßig auch die Diagnose Selbstbezogenheit (Blogger bloggen über’s Bloggen.) gestellt wird, eine gesunde Reichweite folgt daraus nicht automatisch. Die wenigsten bekommen ein Stück vom Kuchen ab.

    Man möchte einwerfwenden: Für den einzelnen Contentproduzenten ist das gut so. Weil es theoretisch Unabhängigkeit fördert. Wenn die Leute aufgrund selbstverschuldeter Klickzahlenhörigkeit nicht trotzdem lauter Gefälligkeiten posten würden. Man möchte auch in seinem virtuellen Freundeskreis beliebt sein. Was aber ist mit dem großen Ganzen? Selbst der eifrigste Blogger liest mehr als er schreibt. Warum das oben zitierte Postulat höchstens seine tendenzielle Richtigkeit hat, läßt sich gerade an Fußballübertragungen ablesen. Selbst jemand, den der Sport nicht interessiert, schaut sich die Spiele an, aus dem einfachen Grund, weil alle es tun. Früher hat man ja oft nur deshalb ferngesehen, um am nächsten Tag ein Gesprächsthema in der Büroküche zu haben. Und auch heute würde wahrscheinlich so manch einer den sonntäglichen Tatort gar nicht einschalten, wenn nicht die Möglichkeit bestünde, zugleich via Twitter über das zu kommunizieren, was da über den Bildschirm flimmert.

    Relevance is king. Reception is king.

    Was für einen selbst relevant ist, das bestimmt - zum Glück! - jeder einzelne. Aber was in einer Gesellschaft als relevant wahrgenommen wird, läßt sich doch in der Regel an Mehrheitsdiskursen festmachen. Es ist damit nicht gesagt, daß etwa Springerpresse und RTL bis in alle Ewigkeiten die vorherrschenden Meinungsbildungsverkörperungen bleiben müssen. Aber so wie es seit Warhol neben zahlreichen OneHitWondern und im Viertelstundentakt verglühenden Starschnüppchen auch echte Berühmtheiten gegeben hat, so werden sich auch im Internet Leitmedien herausbilden, es gibt sie ja schon. Es liegt in der Kultur der Sache, daß der eine mehr Follower und Reader hat als der andere, ansonsten wäre eine themen- bis allesübergreifende Verständigung untereinander kaum möglich. Ein Babel.

    Mich interessiert allerdings in den seltensten Fällen, warum jemand anderes etwas ins Internet schreibt und was er mir damit sagen will. Wichtig ist für mich, was bei mir ankommt. Wieso es mich angeht.

    Ich bin am Freitag bei Spex Live gewesen. Morgen geht es zur Verleihung des Grimme Online Awards. Und ich danke dem Schauspielhaus Köln, daß es Gob Squads Revolution Now! auf den ebenfalls fußballfreien Donnerstag gelegt hat. Freitag in der Früh dann per Zug nach Hamburg zum Bauer Agency Cup.

    Was wir witzig finden

    Ich hatte letztens schon die Idee für iPad-App à la Blofeld: Abgebildet wäre also einfach eine weiße Perserkatze. Wenn man dann das iPad auf den Arm nimmt und der Katze über den Rücken streichelt, dann schnurrt sie und man kann sich wie der Erzrivale James Bonds fühlen. Aber diese Idee hier finde ich ja noch viel besser. Wenn es denn endlich einmal ordentlich Sommer werden sollte.

    Möchten. Mögen. Vertrögen. Hereintrichtern. Herausposaunen, WM. Speicherm. Und mal kräftig die Seele eumeln lassen, das haben wir uns verdient. Aber das ist eine andere Geschichte. Ein anderes Wort für Bankzinsenluder.

    Und der ganze Schranz dazwischrank. The reinterpretation of spam. Dabei mag ich überhaupt keine Innereien. Irgendetwas mit erwischt; Schönheit: einerseits, andererseits. Weil sich so Kleber ja in den meisten, allerallermeisten Fällen nicht rückstandslos entfernen lassen. Also Aufkleber, Klebenbleiber. Neunte Klasse.

    Ankündigungen: eins, zwei.

    Weil ich gerade die Lektüre eines Buchs beendet habe und nicht recht weiß, ob ich ein bestimmtes anderes überhaupt erst anfangen soll, habe ich kurzerhand beschlossen, beim Lesezirkel vom netten @UARRR mitzutun. Amazon hat auch fix einen Tag später geliefert und so lese ich seit Samstag Tom Wolfes The Electric Kool-Aid Acid Test: Die legendäre Reise von Ken Kesey und den Merry Pranksters.

    Now that's what I call Ratgeberliteratur!

    Just in case you’re wondering, why this guy is not only cool, but awsome, too.

    (via)

    stuff it )expander(

    Ich hatte in einem meiner letzten Posts bereits auf diesen unsäglichen Antiintellektuelleninternetartikel in der Zeit - und was ich von ihm halte - hingewiesen. Jetzt ist wenigstens auf zeit.de/ eine intelligente Replik dazu erschienen. Ich bezweifle allerdings, daß diese auch den Weg in die nächste Printausgabe finden wird, lasse mich morgen aber gerne eines Besseren belehren.

    Bild 1

    Alle haben es mitbekommen, der Vollständigkeit sei es in diesem Zusammenhang aber hier noch einmal erwähnt: wie taz.de/ berichtet, hat die New York Times eine spezielle “Social Media”-Redakteurin ernannt.

    Noch ein Hinweis auf Netztext: Auf solokarpfen.de/ erscheinen bestimmte Artikel. Lesen.

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