Allgemein

    Citizen Bezos

    Das erinnert mich an die Szene, in der Kane – angesprochen auf die durch Enthüllungen seiner Zeitung verursachten Verluste anderer Teile seines Firmenimperiums - nur gut gelaunt erwidert:

    You're right, I did lose a million dollars last year. I expect to lose a million dollars this year. I expect to lose a million dollars *next* year. You know, Mr. Thatcher, at the rate of a million dollars a year, I'll have to close this place in... 60 years.

    Wir werden sehen, ob Bezos eines Tages das Interesse verlieren und ein neues Hobby finden wird - sagen wir: Charity im großen Stil oder vielleicht eine Fußballmannschaft - oder ob ich mich mit der Prognose zu weit aus dem Fenster lehne, der Amazon-Boss wird in weniger als zehn Jahren für ein politisches Amt kandidieren.

    My reaction after watching Citizen Kane the first time

    Read the blogpost in English here.

    Mjölky Mouse oder Micky Mjölk - das ist hier die Frage.

    knaeckebrot_mit_ohren

    kauf verhalten

    Man kann sich nicht um alles kümmern, das Leben ist kompliziert. Und ich will es auch gar nicht. Manches muß man einfach delegieren, genau deshalb gibt es z.B. Politiker. Aber irgendwo fängt die Eigenverantwortung halt an, sollte sie zumindest. Denn wo man bei Wahlen noch sagen kann “Da geh ich nicht hin, das interessiert mich nicht”[1. Inwiefern man sich damit in den eigenen Fuß schießt, weil auch Nichtwähler die Auswirkungen der Politik ja mehr oder weniger direkt betreffen, ist ein anderes Thema.], kann man in Abwandlung des berühmten Zitats “nicht nicht konsumieren”. Wer möchte schon als selbstversorgender Eremit im Siebengebirge enden?

    Anfangen, gutes Stichwort. Wir sind ja freie Menschen, jeder entscheidet für sich selbst. Eben bewußte Kaufentscheidung im Gegensatz zum sogenannten Impulskauf. Diese ganze Flut an Talkshows in den öffentlich-rechtlichen Programmen (von Jauch über viele andere Nachnamen bis zu Hart aber fair) scheint da einen Trend erkannt zu haben - oder tragen sie letztendlich zu dessen Entstehung bzw. Verstärkung bei? Ich meine, da einen Shift vom mündigen Bürger hin zum mündigen Konsumenten erkannt zu haben. Gefühlt jede zweite Sendung dreht sich um Themen wie “Ist Fleischessen moralisch vertretbar?” oder “Umweltsünde Urlaub”; von offensichtlich sehr beliebten Sonderformaten wie Der große …-Check ganz zu schweigen.

    Gewiss, in einer dermaßen warenfetischistischen Welt tut Aufklärung Not. Aber jede Woche einen neuen Boykottaufruf durchs Dorf zu jagen, kann nicht der Weisheit letzter Schluß sein. Die einen verwenden Palmöl, die anderen lassen Kinder für sich arbeiten. Ich will aus meinem Konsum keine Wissenschaft machen. Oder ein perpetuum Memoryspiel. Es kann nicht sein, daß mein Einkaufszettel selbst am Wochenende kürzer ist als die Merkliste, was ich alles nicht kaufen darf.

    nah am wasser gebaut

    Fehlende Alltagstauglichkeit sollte allerdings keine Ausrede sein. Womit wir wieder beim Anfangen wären. Prioritäten setzen. So entscheidet sich der eine dafür, von nun an Marken zu meiden, die (in Deutschland) durch ihre Steuervermeidungsstrategie auffallen. Für andere ist es das allerwichtigste Weltrettungsmittel, auf Deos mit Aluminiumsalzen zu verzichten; da gäbe es ja mittlerweile genug gute Alternativen. Jeder wie er mag, alles gut. Ich halte wenig davon, AIDSaktivisten und Tierschützer gegeneinander auszuspielen. Ich für meinen Teil verzichte auf das Autofahren, die Deutsche Bahn wirbt zumindest damit, daß ich dank meiner ICE-Monatskarte zu 100 % mit Ökostrom fahre.

    Nur sollte man da eben nicht stehen bleiben und es sich dort gemütlich machen. Die Meldung ist schon etwas älter[2. Ich hatte sie hier im Blog auch schon einmal erwähnt.], aber vielleicht hast Du es auch mitbekommen: Wer Bio kauft, ist nicht automatisch ein besserer Mensch. Und wie eingangs bereits erwähnt: Es ist eben kompliziert.

    Nicole Kidmans fleckige Jogginghose

    Schauspielerin nimmt gezielt Auszeiten

    Von Hendrik Spree, WTF-Hörfunkstudio Hollywood

    Sollte Nicole Kidman je auf dem Weg zum Idol für Stilbewußtsein und Geschmackssicherheit gewesen sein, so sollte sie aufpassen, dass der Sockel ihres Denkmals nicht bröckelt, bevor sie darauf in strahlender Positur Platz nimmt. Denn die Darstellerin taugt weder zum Vorbild noch zur Heldin. Je mehr wir über die 46-jährige Australierin erfahren, desto weniger überzeugend sind ihre Motive und Methoden.

    Dabei, um es vorweg zu sagen, ist es durchaus wichtig, was man über die Glamourwelt und in der Folge auch die Praktiken der US-Filmindustrie bei ihrer Oscar-Verleihung erfahren hat. Es ist haarsträubend, wie kapitalistische Modekonzerne in Paris und Mailand ihren Marketingabteilungen entweder wissentlich oder doch zumindest höchst fahrlässig unkontrollierte Freiheiten zubilligten, die das Vertrauen in die Werbung tief erschüttern müssen.

    Ca caille (moins)

    Berechtigte Empörung und Wut

    Dabei spielt es nicht mal eine Rolle, ob Modeliebhaber und Cineasten die Sache lockerer sehen als durchschnittlich Interessierte oder sogar Männer. Nicht einmal der Zweck, gemütlich relaxen zu wollen, heiligt alle Mittel. Die Empörung, die Wut ist daher berechtigt. Die Medienlandschaft hat solche Paparazzimethoden weder nötig noch sind die Verlage darauf angewiesen, in geheimen Redaktionssitzungen intransparente Regeln zu zementieren. Man darf nicht Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre gegeneinander ausspielen. Das sichtbar zu machen, ist ein Verdienst Kidmans. Das ist es aber auch schon weitgehend.

    Spätestens seit bekannt ist, mit wem sie sich einlässt, um an begehrte Red-Carpet-Kleider zu gelangen, wer sie unterstützt und vor allem, dass sie nichts dafür bezahlen muss, sondern kostenlos und manchmal sogar für Geld Kleidung eines bestimmten Modedesigners trug, sieht man Flecken auf dem Seidenstoff, aus dem die Promiträume sind.

    Kidman soll der englischen “Vogue”, der sie sich anvertraute, gesagt haben, sie sei eine ganz normale Frau, die zuhause auch mal Jogginghose trage und sehe, zu was Modemagazine und Celebrity-Berichterstattung besonders weibliche Teenager treiben. Ehrlicher ist da schon, was sie in Cannes kundtat: Sie habe extra deshalb Schauspielerin werden wollen, nicht um darstellerische Glanzleistungen abzuliefern, sondern um angehimmelt zu werden. Mindestens Vorsatz ist das.

    Kidman kann Konsequenzen nicht einschätzen

    Das ist der nächste Vorwurf, den sich Kidman gefallen lassen muss: Unter dem Mäntelchen der globalen Verantwortung bringt sie Dinge und Verfahren ans Licht, deren Konsequenzen sie nicht einschätzen kann. Weiß sie, was die billigen Modeketten daraus machen, wie sie künftig mit geklauten Trends und gefälschter Markenware umgehen werden? Hat sie bedacht, dass Gewerkschafter und alle anderen, die sich für bessere Arbeitsbedingungen in allen möglichen Fertigungsländern einsetzen - China, Vietnam, Bangladesh zuvorderst - möglicherweise in großer Gefahr sind? Wer sich mit dem Teufel einlässt, wird auch die Hitze spüren.

    Die Freiheit und die Authentizität, für die Kidman zu kämpfen vorgibt, sind weder in der “Gala” noch in “Bunte” und auch nicht in der vorgenannten Modebibel zu finden. Zudem stehen sensible Beziehungen zwischen Zeitschriften und Modehäusern auf dem Spiel. Kidman, sofern sie nicht nur publicitygeil ist, handelt mindestens naiv und unbedacht. Vielleicht ist sie sogar jemand, die aus purer Berechnung ohne High Heels ins Rampenlicht tritt, wo sie es sich doch angeblich nur ein wenig gemütlich machen wollte.

    (Ich mag nicht das Wort Satire benutzen, aber dieser Beitrag ist nicht mein Ernst. Den Originalartikel finden Sie auf tagesschau.de/.)

    Das bahn'sche Pendel

    Ausschlag // Irgendwann ist es dann auch gut mit dem Regionalverkehr, denkt man sich. Die REs sind laut, überfüllt und langsam. Zu den Hauptzeiten muß man froh über jeden ergatterten Sitzplatz sein, an das Aufklappen eines Laptops ist bei dieser Art der Fortbewegung nicht zu denken. Im Sommer ist die Luft schlecht, im Winter ließe sich dieses Lamento endlos fortsetzen.

    Also vielleicht sein Monatsticket etwas aufstocken? Das Ding kostet im VRS (Stufe 5) ohnehin schon stolze 231,00 Euro, dafür darf man dann aber auch in ganz Köln und Düsseldorf Mitte/Nord sowie dazwischen rumgurken. Und da noch einmal draufzahlen? Das wären beim IC/EC-Zuschlag monatlich immerhin 64,80 Euro, die jeweils dazukommen. Machte also insgesamt eine Summe von 295,80 Euro. Da ist die ICE-Nutzung nicht inklusive und kann auch nicht für einzelne Fahrten dazugebucht werden.

    Also andersrum: Das DB-Monatsticket für das Fahren mit ICE zwischen Köln und Düsseldorf kostet 238,00 Euro. So kommt man natürlich nur von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof. Wenn man in den beiden Städten auch noch Straßen- und U-Bahnen nutzen möchte, dann braucht man noch ein sogenanntes NRWplus-Ticket zum Monatspreis von 56,00 Euro. Rechne ich nun zusammen, komme ich auf einen Gesamtpreis von 294,00 Euro im Monat und damit zu dem Schluß, daß für einen Pendler zwischen Köln und Düsseldorf das Fahren mit IC/EC teurer ist, als mit dem ICE. Und das kann doch nicht sein, oder?

    ökostrom unterwegs

    Mit dem ICE-Ticket ist es natürlich möglich, auch IC oder sogar RE zu fahren, wenn es die Situation erfordert. Obige Vergleichsrechnung berücksichtigt in beiden Fällen keine verbilligten Abonnements. Und vom generellen Wucher für eine weniger als 50mal im Monat zurückgelegte Strecke von etwa 40 Kilometern so oder so fast 300,00 Euro zu nehmen, fange ich gar nicht erst an.

    NACHSCHLAG // Die Deutsche Bahn hat mich an den Verkehrsverbund verwiesen. Der wiederum gibt zu, daß die Zahlen so stimmen, hält die beiden Angebote allerdings nicht für vergleichbar, weil man mit seiner Variante ja noch in Leverkusen Bus fahren könnte.

    verschlossen

    Der Gedanke ist doch gerade, daß Liebende diese Schlösser an die Gitter der Hohenzollernbrücke hängen und danach den/die Schlüssel in den Rhein werfen, als Zeichen ihrer ewigen Verbundenheit. Wie kommt man also auf die Idee, dort ein Zahlenschloß anzuketten?

    verschlossen

    Und dann sah ich die rote Schleife.

    Und 'n Ei aus'm Konsum

    Letztes Wort auf der ersten Silbe betont. Distinktion ist nicht alles. In erster Linie kaufen die Leute, um dazuzugehören. Individualismus zweiter Ordnung.

    time to shop

    Keine Homo-Ehe für niemand!

    Auf einmal erreichten Privilegien ruht man sich gerne aus. Lässt lieber seinen Steuerhinterzieherberater die Drecksarbeit machen. Öffentlich(keitswirksam) über das Ehegattensplitting schimpfen, aber dessen finanzielle Vorteile trotzdem gerne in Anspruch nehmen. Geheiratet wurde selbstverständlich nur der Liebe wegen, klar.

    I’ve got bad news for ya: Die Wohlfühlrevolution wird nicht stattfinden. Solange ein flächendeckender Zeugungs- und Gebärstreik nicht nur angekündigt, sondern auch umgesetzt wird, sind alle Aufgebrachtheiten und Entrüstungen gegen das ach so verhasste Betreuungsgeld reine Lippenbekenntnisse. Die zudem einen längeren Atem benötigen.[1. Unterzeichner 7tausend8hundertIrgendwas keine drei Wochen nach Start der Protestseite, das ist jetzt 10 Monate her.] Und auf Meinungen von Leuten, die solch eine Problematik vielleicht irgendwann in ferner Zukunft einmal betreffen könnte, ist zurecht geschissen.[2. There, I said it.]

    Ein Ehepaar ist keine Familie.

    Anderes Thema, gleiche Liga // Die rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare ist natürlich trotzdem überfällig. Und sie wird kommen - wenn nicht heute, dann eben morgen. Ich begrüße das aufs Herzlichste. Nur ist das eben keine Revolution, sondern einfach soziale, politische Veränderung. Was es für die Befürworter der (schreckliches Wort) Homo-Ehe so bequem macht, sich moralisch überlegen zu fühlen.

    Man gibt sich eben mit kleinen Schritten zufrieden, bloß nicht zu radikal. Sonst könnte ja der eigene Vorteil plötzlich auf dem Spiel stehen. Von mir aus gehört die Institution Ehe komplett auf den Schrotthaufen. Was es zu fördern gilt, sind meiner Meinung nach Kinder und nicht Eltern. Ob lesbische oder schwule Pärchen oder Dreier ein Kind adoptieren oder heteronormative Seelenverwandte sich dazu entscheiden, sich auf altmodischste Weise fortzupflanzen, interessiert mich nicht. Und den Gesetzgeber sollte es auch nicht.

    Wo sind denn die Leute, die für ihre Überzeugungen wirklich etwas aufs Spiel setzen? Glückliche Eheleute, die sich scheiden lassen, nur weil Homosexuelle bis jetzt nicht heiraten dürfen? Wo bleiben die lauthalsigen Beteuerungen junger Frauen, daß sie nicht eher an Vermählung denken, bis daß ihr bester schwuler Freund ebenfalls das Recht dazu hat?

    Wenn Sie jetzt antworten “Das könnte dem Staat so passen. Dann spart er ja auch noch was uns!”, dann outen Sie Ihr Gedankengut als genauso egoistisch, wie ich eingangs erwähnt habe. Sie enthalten das Geld nicht nur der gerade amtierenden CDUCSUFDP-Regierung vor, sondern pathetisch gesagt den Bürgern dieses Staates. Schwafeln Sie nur weiter von der Solidargemeinschaft, während Sie gleichzeitig von Krankenkasse zu Krankenkasse wechseln, um ein paar Beitragseuros zu sparen.

    dial_shit

    Ich nehme mich da nicht aus, Überzeugungen sind nicht alles im Leben. Beispielsweise geht eines meiner Kinder auf eine katholische Grundschule. Obwohl ich überzeugter Atheist bin. Einfach, weil es so bequemer ist. Das heißt nicht, daß ich deshalb auf jede Kritik verzichten müßte. Aber vom Absolutheitsanspruch holt ein sowas ganz gut runter.

    Ach ja, und Nachschlag für #LSR-Gegner: Solange es genug Blogger gibt, die sofort zusagen, sobald ein etablierter Verlag Artikel, Interviews or whatever anfragt, wird das mit dem Medienwandel auch noch eine ganze Weile auf sich warten lassen.

    Wallpaper Rock Scissors

    Ich gehöre zu den Leuten, die bei den roten App-Badges sofort hibbelig werden. Es geht in erster Linie gar nicht so sehr darum, unbedingt und sofort zu wissen, was los ist (in zweiter Linie natürlich schon). Es geht darum, daß dieser kleine rote Kreis mit der Zahl drin wieder verschwindet, auf der Stelle. Denn wichtig ist oft gar nicht der Newsgehalt, den habe ich per Banner oder Alert bereits mitgeschnitten oder zumindest erahnt. Ich müßte also gar nicht die SMS-App öffnen, ich habe die letzte kurze Nachricht ja beim Aufblinken auf dem Lockscreen sogar komplett lesen können. Ich mache es trotzdem.

    Ich habe kurze Zeit versucht, komplett ohne diese Notifications auszukommen, aber das hat für mich irgendwie auch nicht funktioniert. Seit ein paar Tagen benutze ich nun dieses Wallpaper" von Ethan Allen Smith und ich muß sagen, ich bin äußerst zufrieden. Da jede App nun permanent zumindest die Andeutung eines solchen Badges besitzt, bin ich in Bezug auf die tatsächlichen um einiges entspannter geworden.

    Mit Mailbox bin ich übrigens superzufrieden. Allerdings habe ich auf die Anzeigenoption “show inbox conversation count” nur für diesen Screenshot umgeschaltet; normalerweise steht dort eine “1” für neue Nachrichten, keine 3.800 - ganz so entspannt bin ich dann doch nicht. Ich würde jedenfalls sagen, die lange Wartezeit auf die App hat sich sogar gelohnt. Und als hypeerzeugender Marketingschachzug war die Aktion einfach clever.

    20130327-142643.jpg

    Fehlt nur noch ein vernünftiges Bild für den Lockscreen. Besonders schwere Entscheidung. Ich benutze seit Jahren dasselbe Photo, aber mit den neuen Displayproportionen des iPhone 5 ist es eigentlich nicht mehr perfekt. Doch weil ich mich so dran gewöhnt habe, laufe ich jetzt schon Monate mit einem unperfekten Lockscreen rum. Manchmal schaffen es Bilder in den Test, aber nach ein paar Minuten oder Stunden oder Tagen sind sie wieder durch das alte ersetzt worden.

    verraten und verlinkt

    Es tut mir ja ein wenig leid, daß ich mich schon wieder über die SPD aufregen muß. Falls es Euch ein wenig tröstet: Ich erachte jedes über Schwarzgelb verlorene Wort als reine Zeitverschwendung, denen ist einfach nicht mehr zu helfen, wahrscheinlich nie gewesen.

    Worum geht’s diesmal? // Ich halte im Allgemeinen beim Thema Leistungsschutzrecht die Klappe. Wer mich kennt, der kann sich denken, daß ich dieses Gesetzesvorhaben für offensichtlichen, ausgemachten Unfug halte. Wenn einige Sozialdemokraten allerdings meinen, angesichts der von ihrer Partei ausgegebenen Durchwinkeparole im Bundesrat auf ein milderes Verurteil hoffen zu können, bloß weil rechts von ihnen noch größere Scheißeverzapfsäulen rumstehen, dann schlägt sofort mein Maulaufreißreflex durch.

    Niemand erwartet von CDU/CSU und der FDP einen netzpolitischen Sachverstand, der über die Wahrung von Partikular-Interessen hinausgeht. Niemand. Von der SPD allerdings hat man schon immer mehr erwartet als von anderen Parteien. Man erwartet ein bedingsloses Einstehen für den kleinen Mann, man erwartet einen besseren moralischen Kompass und man erwartet das Festhalten an Prinzipien.

    Da hat der Lumma recht, das gilt wohl nicht nur für die Netzpolitik. Aber wenn sich diese Erwartungen erfüllten, dann steckte darin auch eine Chance im Hinblick auf mobilisierbares Wählerpotential. Blöd nur, wenn Anspruch und Wirklichkeit derart eklatant auseinanderklaffen. Traurige Wahrheit ist, die SPD erweckt in den letzten Jahren zunehmend den Eindruck, noch nicht einmal Partikular-, sondern in erster Linie Eigeninteressen zu verfolgen.

    Im Fall des Leistungsschutzrechts von Union und FDP erwartet man von der SPD zurecht, dass sie sich auf die Hinterbeine stellt, dass sie macht und tut, dass sie zeigt, dass sie dieses Gesetz völlig überflüssig findet und dass sie sich dabei verausgabt, es zu verhindern. Es mag sein, dass das Anrufen des Vermittlungsausschusses nur Symbolpolitik ist und dass das Leistungsschutzrecht aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nicht mehr aufgehalten werden kann, aber ganz ehrlich, dass spielt doch gar keine Rolle. Die Menschen erwarten nicht nur ordentliches Regieren, sie erwarten auch Opposition mit Rückgrat, Witz, Raffinesse, Vehemenz und Standhaftigkeit.

    Es wäre in der Tat lediglich Symbolpolitik gewesen, da das LSR zwar aufgeschoben, aber letztendlich wohl kaum zu verhindern wäre. Doch noch nicht einmal dazu kann man sich in der SPD durchringen. Auch wenn man das Gesetz so nicht will, man kuscht vor Springer, WAZ und Co., nicht weil man ihnen einen Gefallen tun möchte, sondern weil man im Wahlkampfjahr Angst vor deren Meinungsmacht hat. Nicht nur dieses “Leistungsschutzgesetz für Presseverlage der schwarz-gelben Bundesregierung” muss weg, Kandidat Steinbrück. Jegliches Leistungsschutzrecht.

    Alle im ersten Augenblick vollmundigen Ankündigungen zur Gegenwehr, davon ist nichts mehr übrig. Leere Worte, hohle Versprechungen - Symbol-PR. Wenn diese Handlungsweise nicht Tradition hätte bei der SPD, könnte man denken, mit der voranschreitenden Selbstzerstörung der Piratenpartei verlieren auch die sozialdemokratischen Netzpolitiker ihren Einfluß innerhalb der Partei. So bitter es für diese engagiert kämpfenden Leute ist: mehr als Feigenblätter sind sie nie gewesen. Denn in der SPD ist man nicht modern, sondern modern positioniert.

    Denn wäre es echte Überzeugung, dann wären solche Lachnummern gar nicht möglich. Von wegen Kern, Fünkchen und Wahrheit. Gut getrollt, Löwe.

    Wenn ich nichts mehr zu lachen habe, stelle ich mir Andy Möller als Sportdirektor in Mailand oder Madrid vor: "Ob René Weidenfeller oder Roman Adler - Hauptsache deutscher Torwart."

    tl;dt (181)

    omfNEg!

    Ich muß schon sagen, diese Fragen zum Atheismus der von mir ansonsten sehr geschätzten Antje Schrupp haben für mich schon einen etwas unangenehmen Beigeschmack. Sie erinnern mich ein wenig an das neugierig-vorwitzige Interesse von Heten an Homos. Ich möchte die Fragen deshalb nicht beantworten, sondern mit Gegenfragen auf sie reagieren.

    Bezeichnet Ihr Euch aktiv als “schwul”? Bei welchen Gelegenheiten?

    Wie seid Ihr schwul geworden? Seid Ihr von selbst frauf gekommen oder haben Euch andere dazu verführt? Wer? Ist es eine bewußte Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess gewesen?

    Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freundeskreis auch überwiegend schwul? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?

    Welche Rolle hat die Ablehnung bzw. die Kritik an der heterosexuellen Beziehungsmatrix (Pärchenabende etc.) bei Eurem Coming-out gespielt?

    Würdet Ihr sagen, dass sich der Sinn von “Sex” nicht auf “Fortpflanzung” beschränkt? Warum nicht? - Oder haltet Ihr es für prinzipiell problematisch, in “diese Welt” Kinder zu setzen? Warum?

    Spielt das Schwulsein in Eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst es Euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

    Ich muß gestehen, daß ich die unter dem Artikel entspinnende Diskussion nur sehr quer gelesen habe. (Bin ich eigentlich zu blöd, einzelne Kommentare zu verlinken?) Jedenfalls scheine ich nicht alleine mit meinem Unbehagen zu sein. Man kommt sich doch ein wenig vor wie im Zoo zur Schau gestellt. Und dieser Rechtfertigungskommentar von Antje weiter unten macht die Sache zumindest nicht besser. Die hegemoniale Leitkultur läßt grüßen.

    Nun, Sie haben völlig recht, dass meine Fragen kontextuell sind. Würden wir in einer seit Jahrtausenden vom Einhornismus maßgeblich geprägten Kultur leben, wären die von Ihnen polemisch gestellten Fragen vollkommen sinnvoll und längst nicht so quatschig, wie sie sich hier lesen (nämlich in eine Kultur, in der der Einhornismus nur ein theoretisches Konstrukt ohne jeden Realitätsbezug ist). Überzeugungen und Ansichten entwickeln sich immer in einer gegenseitigen Beeinflussung mit anderen Überzeugungen und Ansichten, das gilt für den Atheismus genauso wie für alles andere. Und deshalb finde ich meine Fragen gar nicht so absurd – wobei es ja schon reicht, dass ICH an Gott glaube, und mich deshalb interessiert, warum andere das nicht tun, wohingegen der Einhornismus mir persönlich vollkommen egal ist.

    Ich sehe das naturgemäß anders, aber ein Nachtragspost zum Thema läßt mich immerhin von einem schlechten, geschmacklosen Witz über verletzte Gefühle absehen.

    ... und die heiligen drei Zeitleser

    Bei dem Zeittext Maria und Josef in Neukölln, der mir gestern mehrmals in die diversen Timelines gespült worden ist, bekomme ich das kalte Kotzen. Letztes Jahr, als die beiden Journalisten durch Frankfurts Speckgürtel getourt sind, bin ich noch Abonnent dieser Wochenzeitschrift gewesen. Solch eine gefühlige Vorweihnachtsschreibe hat mir wieder vor Augen geführt, warum ich die Zeit abbestellt habe. Für mich zwei Paradebeispiele von Klienteljournalismus mit Herzsimulation, weil wohl weder Managermillionäre noch HartzIV-Empfänger zu Giovanni di Lorenzos Kernzielgruppe gehören.

    Die kleine Prinzessin Rosalie

    Darum schlage ich für den nächsten Advent vor, sich für Teil drei mal dort umzuschauen, wo die bildungsbürgerlichen Zeitleser überproportional häufig vertreten sind.

    Lesen wie in einem arschoffenen Buch

    Neulich war ich für ein Wochenende in Frankfurt und hatte noch ein paar Stunden Zeit, bis der Zug zurück wieder in Richtung Köln abfuhr und da ging ich in die Schirn. Obwohl der Kollege nachsah und die Ausstellung auf sueddeutsche.de/ nicht besonders gut wegkam. Daß sie so schlecht wegkam, hatte ich selbst erst zuhause gelesen, hatte auf die Lektüre des Kollegen vertraut, aber weil wir zwei Tage in diesem fensterlosen Seminarraum gehockt und was über das Internet erzählt hatten, dachten wir, das wäre ein passender Abschluß. Und der Verriß war zu weiten Teilen berechtigt. Okay, immerhin mal Tracy Emins Bett live gesehen, doch die einzige Entdeckung, die ich aus der Schirn mitnahm war der Name des mir bis dahin unbekannten Photographen Richard Billingham.

    Privat

    So berechtigt der Vorwurf des Voyeurismus auch ist, man fragt sich ja doch, was soll denn (nicht nur in Zeiten der Museumsevents) sonst gezeigt werden? So schlüssig ich die Kritik an der Kuratierung auch finde, an einem Punkt verfängt die Argumentation nicht: Bloß weil Nan Goldin und Konsorten diese ‘Sex & Drugs’-Ästhetik schon in den Achtzigern gebracht haben, macht das die Künstler in deren Nachfolge nicht überflüssig. Mag sein, originell ist anders. Aber die Grenzgänge eines Dash Snow haben gleichwohl ihre Berechtigung. Man muß sich ja nur (nicht nur im Netz) den gesellschaftlischen Rollback zurück zu einem gewissen Konservatismus anschauen, um zu begreifen, daß es falsch ist, sich auf einmal Erreichtem auszuhen.

    Die Begriffsbestimmung von “privat” ist hier natürlich entscheidend. Es wundert jedenfalls nicht, daß der in diesem Kontext eigentlich so naheliegende Begriff “authentisch” weder im an die Ausstellungswand gepinnten Einleitungstext, noch in der SZ-Kritik vorkommt. Weil man dann auch ganz schnell wieder bei den Themen Inszenierung und Codierung wäre. Denn vielleicht wäre dann alles doch gar nicht (mehr) so langweilig.

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