thjnk

    Manchmal klappert's

    Und manchmal nicht. Das gehört zum Handwerk. Beispiel gefällig? Hier, Edeka/JvM haben ja in letzter Zeit einiges richtig gemacht: Kiffer, Supergeil, Kassenschlagermusik. Wobei die letzte Nummer schon nicht mehr ganz mein Fall gewesen ist; etwas zu gewollt, bißchen zu gestellt und ein ganzes Stück zu lang. Doch wenn man soviel Arbeit in eine Sache gesteckt hat, dann vertragen sich Stolz und Schere eben schwer. Letztendlich ist das Geschmackssache, ich bin ohnehin nicht so der Freund von Weihnachtskitsch.

    Daß der neue Spot mit Scooters H.P. Baxxter sowas von drüber ist, steht aber wohl bei jedem außer Frage. // Andere Baustelle // Dann liest man diesen Artikel und denkt auf der Hälfte der Lesestrecke (also nach Anblick des ersten Videos): “Für diese Durchschnittsware mussten zwei renommierte Agenturen ein eigenes JointVenture Gründen?” Bis ich mir den zweiten Spots fürs Kino angesehen habe. Der ist wirklich so gut, daß ich mir die Wortspielclownerei mit ‘Lachnummer’ spare.

    Ad of the Day: McDonald’s Refreshes ‘I’m Lovin’ It' and Suddenly Feels a Lot Like Oreo | Adweek

    Dumm gejoggt.

    Vorlauf // Daß es die Commerzbank durch die Finanzkrise ziemlich erwischt hat, zeigt eine schnelle Googlesuche. Das nur zur Einordnung.

    Schon wieder THJNK. Die Agentur hat laut eigener Aussage auf ihrer Referenzseite “eine Kampagne (entwickelt), mit der sich eine Bank auf die Seite ihrer Kunden stellt. Eine Kampagne, die eine selbstkritische, aber ambitionierte Haltung beweist.” Oder mit den Worten aus dem Voiceover des TV-Commercials dazu:

    Woran liegt es, daß man den Banken nicht mehr vertraut? (...) Wir haben etwas getan, was für uns bisher vielleicht nicht typisch war. Wir haben die Gründe bei uns gesucht. Und uns gefragt: Braucht Deutschland noch eine Bank, die einfach so weitermacht? Ober brauchen wir eine Bank (...), die ihre Berater nicht belohnt, wenn sie möglichst viele Verträge verkaufen. Sondern erst dann, wenn ihre Kunden zufrieden sind. Vor uns liegt ein langer Weg. Aber auch der beginnt mit dem ersten Schritt. Commerzbank - die Bank an Ihrer Seite.

    Hier der Spot in der einminütigen Extended Version. Um noch einmal THJNK zu zitieren: “Das ist Bankenwerbung, die sich anders anfühlt…” (Hervorhebung von mir.)

    Stichwort gefühlte Wahrheit // Denn was liest man heute auf handelsblatt.com/ über die Commerzbank? Sie will ihren Mitarbeitern für das Jahr 2013 insgesamt über 300 Mio Euro Boni zahlen - bei gerade einmal 31 Mio Euro Konzerngewinn. “Die Commerzbank wollte das nicht kommentieren.”

    Sich das Zehnfache an Belohnung im Verhältnis zur Leistung zu gönnen, finde ich vollkommen verdient. Ob man so allerdings “verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnt”, wie Uwe Hellmann, Leiter Brand Management Commerzbank, das “Kernziel dieser Kampagne” umreißt, mag hingegen bezweifelt werden.

    Und man sollte sich dann auch nicht darüber wundern, wieso in der Bevölkerung das Ansehen von Werbern noch unter dem von Bankangestellten liegt.

    (Artikelbild cc by Matt Thorpe)

    Nachtrag // Ich habe zwar schon in einem Kommentar auf das Interview mit thjnk-Vorstandssprecherin Karen Heumann in der brand eins zum Schwerpunkt Werbung hingewiesen, aber die meisten Februar-Artikel sind online noch nicht freigeschaltet (Stand 11.04.2014). Einige Fragen und die Antworten darauf sind allerdings und offensichtlich dermaßen weit von der Realität entfernt, daß ich sie hier aus dem Heft zitieren möchte:

    Ihre Agentur hat es sogar geschafft, eine Bank sympathisch rüberzubringen - ist das noch ehrliche Werbung? Die Commerzbank, um die es geht, meint tatsächlich, was in dem Spot gesagt wird: Diese Bank versucht, sich zu verändern. Und die Kampagne hat auch deshalb einen bronzenen Effie gewonnen, weil sie funktioniert. Vor allem, und das ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit, auch bei den Mitarbeitern.

    Am erstaunlichsten ist, dass sich ein Bankvorstand einen so emotionalen Auftritt getraut hat. Finde ich auch - es sind eben entschlossenen Leute. Aus anderen Bankhäusern hören wir jetzt, dass sie, was die Commerzbank intern umsetzt, längst auch gemacht hätten. Da kann ich nur sagen: Wenn das so ist, dann erzählt es den Menschen doch!

    Wenn es nicht so wäre: Würden Sie es dann trotzdem behaupten? Ganz sicher nicht. Mir ist es wirklich wichtig, dass ich keinen Mist erzähle. (…) Man kann nichts schönreden.

    Genau das wird Ihrer Branche aber immer vorgeworfen. Aber es funktioniert nicht.

    Nachschlag // Das Interview ist jetzt nicht mehr online.

    Erkennt die Zeichen

    Weil es als Tweet dann doch meist zu schnell vorbeirauscht: Heute erschien auf horizont.net/ die Meldung über die erste Arbeit von thjnk für RWE. Die Agentur hat den Job vom vormaligen Etathalter Jung von Matt übernommen. Kernstück ist dabei wohl folgender TV-Spot.

    Ein paar Zitate aus der gewohnt vollmundig formulierten Pressemitteilung dazu:

    ... stellt RWE die Menschen in den Mittelpunkt, die schon heute die Energiewelt von morgen gestalten ... viele Vorweggeher überall in Deutschland gemeinsam aktiv ... Wir-Gefühl wirkt mitreißend und entlastend zugleich: Keiner muss die Energiezukunft alleine stemmen, jeder einzelne kann aber daran mitwirken. Mit Leistungsstärke, ... Versorgungssicherheit und mit innovativen Angeboten will RWE ...

    „Unser Land geht voRWEg“, das ist die zentrale Aussage der Kampagne … Landmarks kennzeichnen sowohl Energiezukunftspunkte als auch Menschen, die bereits voRWEg gehen. Dieser Ansatz macht aus dem Markenversprechen „voRWEg gehen“ ein gesellschaftliches Projekt.

    Soweit das Blabla, Appell an den Nationalstolz, etc. Man könnte fast vergessen, daß RWE auch Atomkraftwerke besitzt. Und da haben wir noch gar nicht von Garzweiler und Braunkohle angefangen. Nun kamen mir gerade diese Landmarks ziemlich bekannt vor. Das nachfolgende Bild zeigt eine Installation von Aram Bartholl im Rahmen seiner Austellung Hello World! im Kasseler Kunstverein. Es ist nicht die erste ihrer Art, der Künstler stellt diese aus Google Maps entlehnten Verortungssymbole seit Jahren rund um den Globus auf, wie man nach dem Klick auf das Bild an einem 2012 erschienen Gestalten-Buch sehen kann. Gerade die Photos darin vom Aufstellen der Landmarks ähneln der Anfangssequenz des TV-Spots doch sehr.

    Nun ist der Grad zwischen Ideenklau und Inspiration ein schmaler. Aber unter diesen Vorzeichen hat es natürlich schon etwas Seltsames, wenn auf der Website - unter diesen Umständen hätte ich natürlich auch eine Micropage vorgezogen, siehe Verlinkung oben - vorweggehen.de/ nach allerlei komischem Zeug über “verletze Organe” und “leitende Angestellte” im Disclaimer dann unter Punkt 4 Urheberrecht zu lesen ist:

    Der Inhalt der RWE Website ist urheberrechtlich geschützt. Die Vervielfältigung von Informationen oder Daten, insbesondere die Verwendung von Texten, Textteilen oder Bildmaterial bedarf der vorherigen Zustimmungen der RWE AG. Die Bildrechte liegen – soweit nicht anders vermerkt – bei RWE. Das Kopieren und unerlaubte Nutzen, sowohl bei kommerzieller als auch nicht-kommerzieller Nutzung ohne vorherige Genehmigung der jeweiligen Rechteinhaber ist untersagt.
    Das zieht sich übrigens durch bis zu den beiden Twitteravataren des Künstlers und der Kampagne. Ich will ja nicht unken, aber "voRWEg gehen" sieht anders aus. avatarvergleich

    Zumal die Claimidee mit dem in den Wörtern großgeschriebenen Firmennamen RWE noch von der alten Agentur JvM stammt. Da ist es doch wenigstens konsequent, daß thjnk die Kunstinitiative add art unterstützt.

    Bonuslevel // Wie man in diesem Screenshot sehen kann, steht mein Tweet ohne Namensnennung auf der thjnk-Website. Dort scheint man entweder ungenau zu programmieren oder sich gerne mit fremden Federn zu schmücken. Aber in jedem Fall wenig auf so etwas wie Monitoring zu geben. Hat wahrscheinlich was mit diesem “neue Agentur”-Ding zu tun.

    Nachschlag // Hinweis erhalten. Das kann ja nur Zufall sein.

    dumm_GElaufen