zur zeit in mode
Harald Martenstein schreibt im aktuellen ZEIT-Magazin wieder einmal ein paar richtige Dinge über Journalisten, die sich - wie jüngst wieder im Fall Wulff - in ihren Artikeln und Kommentaren als absolute ethische Instanz gerieren, in den meisten Fällen an ihre eigene Person und Arbeit weit niedrigere Maßstäbe anlegen. Dann plaudert der Kolumnist aus dem Nähkästchen, freilich ohne Namen zu nennen, und berichtet über die gängige Praxis, wie etwa Rezensionen zustande kommen, welche Annehmlichkeiten man im Austausch dafür erhält und wie die Schere im eigenen Kopf bestimmte Sätze streicht, einzig aus dem Grund, sie könnten jemand anderem nicht gefallen. Vetternwirtschaft eben, hier in Köln heißt das Klüngel.
Damit will ich nicht etwa sagen, dass der Journalismus in Deutschland korrupt und moralisch verkommen sei. Das ist er nicht. Er ist nicht besser oder schlechter als der Rest der Gesellschaft. Die Medien werden halt nicht so genau kontrolliert wie die Politik.
So weit, so gut. Ich blättere in der Printausgabe ein paar Seiten weiter und dann das: “Im aktuellen ZEITmagazin, das von den Deutschen der Modewelt handelt, haben wir Model und Schauspielerin Jessica Joffe beim Check-in fotografiert” - und erwähnen weder während der achtseitigen Bilderstrecke, noch im Kurzinterview auf Seite 28, welches die “die Münchnerin” immerhin als eine der vierzehn wichtigsten Deutschen im Business vorstellt, daß sie die Tochter von Josef Joffe ist, zufälligerweise Herausgeber der ZEIT.
Es wird echt Zeit, das Abonnement dieses Presseerzeugnisses zu kündigen. (Nicht, daß andere besser wären - s.o.)
nobel/macke
Das Jahresende naht, da heißt es auch im Backend des Blogs aufräumen. Dieser Artikel hat als Entwurf ein halbes Jahr auf dem Buckel. Gerade noch - gelinde gesagt - Unverständnis über die Wahl Toby Maguires zum neuen Testimonial für Prada Menswear geäußert, fällt mir ein, daß ich jetzt wenigstens einen halbwegs passablen Aufhänger für diesen Link habe, dessen offener Tab bereits seit einigen Tagen in meinem Browser rumlungert. Der Tab ist dann irgendwann doch geschlossen worden, nicht ohne den Text vorher bei Instapaper abgespeichert zu haben. Zwischen den Jahren bin ich nun endlich dazu gekommen, ihn komplett zu lesen. Wie Prada sich die Fakes der eigenen Produkte nutzbar macht und letztendlich das eigene Image in Abgrenzung dazu aufbaut und schärft, liefert echte Einsichten. Ich habe viele Texte im Instapaper-Archiv angelesen gelöscht, diesen Artikel auf slate.com/ nicht. Lohnt die Lektüre auch heute noch.
Noch eine olle Kamelle. Dieser Text auf brandeins.de/ schlug vor einigen Wochen einige Wellen, er wurde mir mehrmals in die verschiedenen Timelines gespült und ich selbst habe ihn auf quote.fm/ geteilt. Allerdings nicht zustimmend, wie mein Kommentar verdeutlichen sollte. Lange schlug ich mich mit dem Plan rum, ausführlich darzulegen, was an dem Artikel alles falsch ist. Das kann ich mir jetzt sparen, denn wenn man dieses Interview mit Juli Zeh auf tagesanzeiger.ch/ liest, bekommt man eine ziemlich gute Vorstellung davon.
Dialog, post-christmas
Der Dialog unten ist ein willkommener Anlaß gewesen, den Aggregatordienst Storify noch einmal auszuprobieren. Ich hatte ihn schon einmal benutzt, das dann aber trotz des offensichtlichen Nutzens nicht weiterverfolgt, weil die embedded story im RSS feed nicht angezeigt worden ist. Diesmal hat das geklappt. Was allerdings den einzigen Gewinn der neuen Eingebundenheit darstellt. Zumindest, wenn man direkt aus Storify bloggt, statt den embed code zu übernehmen und händisch in den Blogpost einzufügen, wird der Name der Story automatisch zum Artikeltitel. Okay. Aber das Wegfallen der Stats und Sharing options ist gar nicht nach meinem Geschmack. Natürlich könnte man einwenden: Du hast diese Funktionen doch unter jedem Post, sollen die Leute doch statt der embedded story Deinen Artikel weiterverbreiten. Und wenn jemand die Story selbst einbinden will, dann muß er eben auf die Website gehen, ist doch nur ein Klick.
Und ich kann kein vernünftiges Argument dagegenbringen, es gefällt mir trotzdem nicht hundertprozentig. Ist aber auch nicht so schlecht, als daß ich es bei nächster Gelegenheit mal wieder mit der indirekten Codeübernahme probieren werde, statt es direkt von Storify aus zu verbloggen. Man schreibt ja doch gerne noch was dazu, das Publizieren ging mir wohl ein bißchen zu direkt. Wenn man das allerdings weiß, kann man es beim Erstellen der Story (Beschreibung etc.) berücksichtigen.
Die Mailschwemme “Storify Digest” mußte ich hingegen abbestellen. Das war mir zuviel.
reiß dir den knopf ab
“Die Zeitspanne zwischen dem Kompliment für eine neue Jacke und dem Verlieren des ersten Knopfes wird ab jetzt in drikkes gemessen.” - “Wie lang ist denn so eine drikkes?” - “Keine Ahnung. Habe bisher weder einen Knopf verloren, noch ein Kompliment für meine Jacke erhalten. Ich habe mir sogar seit über einem Jahr überhaupt keine Klamotten gekauft.” - “Wenn ich Dir jetzt schon ein Kompliment für Deine nächste Jacke mache, wie hoch ist dann die Wahrscheinlichkeit, daß ihr bereits beim Kauf ein Knopf fehlen wird, drikkes?”
Übrigens, Produktnamenserfinder: Wenn Ihr den Namen eines Produkts um ein plus ergänzt, dann denke ich meistens nicht “Wow, XY ist jetzt noch besser.” Ich denke: “Wie mies muß der Scheiß vorher gewesen sein?” Ihr solltet stattdessen lieber 3000 verwenden, 3000 zieht immer.
barfly
Das Helfersyndromedar wankte bereits sichtlich angetrunken in die Bar. Dort war auch niemand mehr nüchtern, so daß sich - abgesehen von Artikulationsschwierigkeiten - problemlos ein Gespräch entspann. Der Tresen war gut besetzt, darüber hing eine alte Werbetafel von Langnese.
“Hier, guck mal. Man kann so ein Eis am Stiel ja auch einfach verkehrtrum halten, mit dem Stiel nach oben, Dann stellt man sich vor, es sei ein Handy und telephoniert damit.”
“Oder tut nur so. Wie diese Trottel in den Straßen, die glauben, wegen ihrer Headsets würde niemand bemerken, daß sie Selbstgespräche führen.”
“Das ist ja voll blöd: Im Winter friert man sich die Flossen ab und im Sommer schmilzt einem das Eishandy zwischen den Fingern weg.”
“Wofür gibt es denn Handschuhe? So wie bei Schirmen, die halten auch Regen und Sonnenschein ab, je nachdem.”
“Mit Handschuhen kann man aber gar nicht den Touchscreen bedienen. Und überhaupt, welches Handy ist denn heutzutage noch so unsmart, eine Antenne zu besitzen?”
Das Helfersyndromedar schaute traurig auf seine Hufe, legte reichlich Trinkgeld auf die Theke und galoppierte hinaus.
der zahn der zeit
Neulich in der Marktforschungsabteilung von blend-a-med: “Mist, unsere Umfragen haben ergeben, daß diejenigen Leute, die Tag für Tag ohne einen Morgenquickie aus dem Bett steigen müssen, total angewidert von der Zahl 6 auf unseren Zahnpastatuben sind.” Schulterzuckende Ratlosigkeit machte sich breit unter all den Anzugjackenachseln. Doch bevor der Jobangstschweiß panisch auch noch aus anderen Poren sich anschickte auszutreten, betrat das Helfersyndromedar die Abteilung und hatte die rettende Lösung im Gepäck. “Wie wäre es, wenn Sie noch die völlig unsinnige Unterscheidung zwischen Karies und Zahnhalskaries einführten? Somit wären Sie bei 7 Zeichen gesunder, schöner Zähne - eine Zahl, die sich auf jedem Störer gutmacht.”
Der Jubel war groß, sofort wurden die Packungsdesigner gebrieft.
Puzzletime!
Ganz okayer “Don’t drink & drive”-TVC , aber die Puzzletime! bei Sekunde sechzehn: jetz schon legendary. (natürlich via copyranter.blogspot.com/)
Apropos via und Werbung: Die maedchenmannschaft.net/ hat aus einem von mir eingereichten Link einen Artikel gemacht.
was ist schon originell
Natürlich hat der Copyranter recht.
Zumindest von Sprache her ist die Idee geklaut.
Aber auch mit dem Wissen um die Anleihen bei Old Spice.
Habe ich mich beim Ansehen der Filme halbwegs amüsiert.
Plus: Don Johnson.
HTML for Babies
Das tolle Buch von John Vanden-Heuvel kann man hier kaufen. Ich bin jedenfalls gespannt auf die nächsten beiden Volumes, die hoffentlich nicht zulange auf sich warten lassen. Und wenn man Programmieren lernen möchte, dann empfehle ich die codecademy.com/ für den Anfang.
TdM // Sept. 2011
[blackbirdpie url=“https://twitter.com/#!/ramses101/status/111543720876322816”]
Auch wenn das wohl mittlerweile gar nicht mehr der aktuelle Bundeswehr-Claim ist.
überschriftlich
Ihr überlegt sicher auch ständig, wie man Sponsor als Verb schreibt, sozusagen ververblicht. Sponsorn oder sponsern? Weil man ja beinahe täglich Dinge sponsort und sich beim Sachenmachen sponsern läßt. Ständig, wie gesagt. Oder von Fall zu Fall, obwohl es hier nicht um den Kasus geht, sondorn ums Konjugieren. Blöd, wenn sich die Schreibweise dann auch noch je nach Person ändert. Ich google das, du googelst das, er/sie/es googelt das. Oder orthographiert jemand: ich googel das bzw. du googlest das? Vom simsen oder SMSen fange ich gar nicht erst an. Weil das jawohl kaum noch eine/r nutzt. Und ja, ich mußte natürlich nachgucken, weil ich seit sofort nach dem Latinum Deklination und Konjugation verwechsle. Oder verwechsele. Und jaja, ich habe keine Ahnung, wie ich jetzt elegant zu diesem Video überleiten soll, daß Whitney Houston und Serge Gainsbourg gemeinsam bei einem unmusikalischen TV-Auftritt zeigt.
(via)