app.net
Ein kurzer Rückblick in das Strategiemeeting, das zum Freemiummodell von app.net/ geführt hat: “Jemand eine Idee, wie wir uns mehr in Richtung identi.ca/ entwickeln können?” “Du meinst ein weiterer überflüssiger Service werden, in den die User ihre Tweets automatisiert einlaufen lassen?” “Richtig!”
Genau solche Aktionen sind der Grund dafür, warum ich Twitter für das Ausschließen mancher Services von ihrer API nicht richtig böse sein kann.
Empörtkommling
Die erste Reaktion ist natürlich: Ihr könnt Euch Eure Häme sparen. Ob nun anonymer Möchtegern-Comedian in der sich regelmäßig wiederholenden Sinnkrise oder Person des öffentlichen Laberns, der die ganzen Gegenreden zuviel werden - es ist zu respektieren, wenn sich jemand gegen Twitter entscheidet. Doch so einfach ist das nicht. Ist es nie.
Warum nur hören sich die Erklärungen für das Verlassen dieser Plattform dann meist wie die Rechtfertigung einer Flucht an? Vor allen Dingen, wenn man meint, seine persönlichen (und noch einmal: unbedingt zu respektierenden) Beweggründe auf Verteufelung komm raus verallgemeinern zu müssen.
Weil jeder Heavy-user eine emotionale Verbindung zu seinem Lieblingsservice hat(te). Oder zu haben glaubt, was auf dasselbe hinausläuft. Einander rudelweise liebgewonnene Gewohnheitstierchen im Streichelzoo, but the times they are a-changin'. Man hat sich vor Jahren in einer kuscheligen Ecke des Internets (zusammen)gefunden, einer Ecke, die es so nicht mehr gibt - zumindest für rampenlichtgestaltige Alphatwitterer. Nun steht man plötzlich samt seiner gar nicht mehr so heimeligen Gesprächsrunde mit vor die zu groß gewordenen Mäuler gebundenen Flüstertüten mitten auf einem Marktplatz der Eitelkeiten. Und auf einmal erscheint einem das all der Hachs, all dem Flausch und <3 zum Trotz dann wie Käfighaltung und man kommt sich vor wie Rilkes Panther. (Der übrigens nicht die schlechteste Metapher für die Filterbubble ist.)
Deswegen ist es wohl kaum adäquat, eine negative “Signal-to-Noise-Ratio” einfach als “Schattenseite” abzutun (nochmal Stefanowitsch). Immer die anderen. Aber was weiß einer wie ich mit einer lediglich dreistelligen Followerzahl schon davon. Ich stelle mir vor, wie den Betreffenden der nächste Schritt nach “Von Euch lasse ich mir mein Twitter nicht kaputtmachen” wie eine Form von Aufgabe vorkommen muß. Nüchtern betrachtet sieht es allerdings doch eher so aus.
Parallelwelt
“Warum lachst Du?” Als Antwort lese ich der Frau diesen Tweet vor:
Nun muß sie ebenfalls lachen, wenn auch aus anderen Gründen als ich: "Über solche Sachen beschwert Ihr Euch den ganzen Tag in diesem Internet?" Seit ich dann noch irgendwas von "Usability Experience verbessern" genuschelt habe, hört sie mit dem Lachen gar nicht mehr auf.Jetzt, wo die dreiarmigen Menschen ausgestorben sind, könnte man doch die Kästen für Supermarktbrötchen mal anders konstruieren?
— xbg (@xbg) November 3, 2010

Silikone Stilikone
Wenn die Twittersuche doch nur verlässlicher wäre, dann würde ich einen Bot programmieren, der jedem Vertipper des Tages, bei dem die angeblich verwechselten Buchstaben auf der Tastatur zu weit auseinander liegen, folgende Reply schreibt: “Welch ein Zufall! @IrgendjemandAnderem ist das lustigerweise auch schon mal passiert.”
Ich hatte bereits auf die Möglichkeit hingewiesen, sich aus seinem seit einiger Zeit downloadbaren Twitterarchiv mit Hilfe von Google eine selbständig aktualisierende Seite zu basteln. Nach zwei Wochen kann ich sagen: Das läuft tatsächlich problemlos. Und die Suche ist dort auch besser als auf Twitter.
TdM / Januar 2013
Das Jahr ich noch frisch (gewesen) und @Kostadamus hat die Messlatte für Qualitätstweets schon mal ziemlich hoch gelegt. Schlapp gelacht. Die Visualisierung spare ich mir allerdings lieber. Aber ich könnte ruhig mal wieder auf dieser zur Blogkategorie gehörige Twitterliste hinweisen.
"Alter, hast du mich, als ich schlief, mit Öl eingerieben?" - "SHINE BRIGHT LIKE A DIAMOND!"
— Kosta.(@Kostadamus) January 15, 2013
Hinterher weiß man ja nicht mehr, was zuerst da war. Ob ich kurz vor oder nach dem 15. Januar besagtes Lied plötzlich hörte, als ich beim Bäcker mein Laugencroissant bezahlte. Habe ich meinem Sohn “Wir können hier nicht anhalten, das ist Rhianna-Land” ins Ohr geraunt, weil ich diesen Tweet noch im Hinterkopf hatte? Oder ist mir der Tweet in meiner Timeline besonders aufgefallen, weil ich mich noch gut an diese Bäckereisituation erinnern konnte? Wir haben den Laden jedenfalls schnellstmöglich verlassen.
Ich bringe in Gegenwart der Kinder gerne (abgewandelte) Film- oder Literaturzitate unter - und zwar ohne jegliche Erklärung. Vielleicht erinnern sie sich ja viel später einmal daran.

streuverlust
Das Bild hier habe ich vor ein paar Tagen bereits getwittert und daß ich es jetzt noch einmal in einem eigenen Blogpost thematisiere, ist wohl weniger der Tatsache geschuldet, daß dieses Plakat so einen großen Eindruck auf alle Rezipienten macht, sondern liegt eher an meinem Beruf. Ich bin Werbetexter. Außerdem hängen die Dinger derzeit überall in der Stadt, man kommt nicht an ihnen vorbei. Mediadruck, Masse statt Klasse.
Sie haben keine Ahnung von Ihrer Zielgruppe? Dann sind Sie bei uns richtig. twitter.com/drikkes/status…
— Hendrik Spree (@drikkes) January 28, 2013
Ich bin nicht “jeder”. Nicht alle nutzen zum Beispiel wie ich den Öffentlichen Personennahverkehr. Wie sollen sie da 18/1 oder CLPs in U-Bahnhaltestellen zu Gesicht bekommen? Und so gibt die zur Kampagne gehörige Website auch an, daß man Out Of Home sehr wohl in der Lage ist, Werbung im Hinblick auf spezifische Target Audiences zu platzieren. Und das sollte man auch, Konzentration beispielsweise auf Buswartehäuschen, die Einkaufsstraßen der Innenstädte oder entlang der Autobahnen. Sonst kann so etwas - Stichwort TKP - schnell ins Geld gehen und jedes Budget sprengen. Nur sagt die Kampagne des Fachverbands Aussenwerbung e.V. davon nichts.
Die attraktive Frau ist nicht das einzige Motiv der Kampagne. Ich habe auch noch kleinformatigere Plakate mit einem ebenfalls ansehnlichen Mann gesehen. Das Motiv mit der Nichtweißen ist mir nur im Netz aufgefallen. Man will es allen recht machen, bezeichnet sich selbst auch zurecht als Massenmedium - und ist stolz darauf. Bei effizienzorientierten Marketingmenschen dürfte angesichts dieser Werbung allerdings in erster Linie eine Botschaft hängenbleiben: Wenn ich kommunikationstechnisch mit Kanonen auf Spatzen schießen möchte, dann ist Out Of Home Media das Mittel der Wahl. Und Streuverluste müssen eben entsprechend bezahlt werden.
Wohlgemerkt: die Message der Kampagne. Auf der dazugehörigen Micropage trifft-jeden.de liest sich das schon wieder entgegen der vereinfachten, verfälschenden Werbebotschaft ganz anders. Da ist von Zielgruppenprofilen sowie Plan- und Berechenbarkeit die Rede. Und auch eine Einschränkung findet sich dort: Unter dem Punkt Zeitgeist lautet das alles entscheidende Stichwort Mobilität. Anstelle des Internets - vielleicht sogar noch des Radios, aber TV schon nicht mehr - würde ich den Ball dankbar aufnehmen. Das ist doch eine Steilvorlage, die geradezu nach einer Antwortmaßnahme schreit. Ganz nach dem Motto “treffen, wen Sie wollen” würde ich Werbung für Alte, Kranke und Blinde machen. Das sind nämlich auch Konsumenschen.
Aber dann müßte man sich ja sein Nischendasein eingestehen. Und wahrscheinlich bin ich einfach zu sehr Werbetexter.

Wenn ich nichts mehr zu lachen habe, stelle ich mir Andy Möller als Sportdirektor in Mailand oder Madrid vor: "Ob René Weidenfeller oder Roman Adler - Hauptsache deutscher Torwart."
tl;dt (181)
omfNEg!
Ich muß schon sagen, diese Fragen zum Atheismus der von mir ansonsten sehr geschätzten Antje Schrupp haben für mich schon einen etwas unangenehmen Beigeschmack. Sie erinnern mich ein wenig an das neugierig-vorwitzige Interesse von Heten an Homos. Ich möchte die Fragen deshalb nicht beantworten, sondern mit Gegenfragen auf sie reagieren.

Bezeichnet Ihr Euch aktiv als “schwul”? Bei welchen Gelegenheiten?
Wie seid Ihr schwul geworden? Seid Ihr von selbst frauf gekommen oder haben Euch andere dazu verführt? Wer? Ist es eine bewußte Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder eher ein schleichender Prozess gewesen?
Sind die Leute in eurem Bekannten-/Freundeskreis auch überwiegend schwul? Ist das ein Thema im privaten Kontakt?
Welche Rolle hat die Ablehnung bzw. die Kritik an der heterosexuellen Beziehungsmatrix (Pärchenabende etc.) bei Eurem Coming-out gespielt?
Würdet Ihr sagen, dass sich der Sinn von “Sex” nicht auf “Fortpflanzung” beschränkt? Warum nicht? - Oder haltet Ihr es für prinzipiell problematisch, in “diese Welt” Kinder zu setzen? Warum?
Spielt das Schwulsein in Eurem Alltag eine Rolle? Beeinflusst es Euer Handeln? Wann/wo zum Beispiel?

Ich muß gestehen, daß ich die unter dem Artikel entspinnende Diskussion nur sehr quer gelesen habe. (Bin ich eigentlich zu blöd, einzelne Kommentare zu verlinken?) Jedenfalls scheine ich nicht alleine mit meinem Unbehagen zu sein. Man kommt sich doch ein wenig vor wie im Zoo zur Schau gestellt. Und dieser Rechtfertigungskommentar von Antje weiter unten macht die Sache zumindest nicht besser. Die hegemoniale Leitkultur läßt grüßen.
Nun, Sie haben völlig recht, dass meine Fragen kontextuell sind. Würden wir in einer seit Jahrtausenden vom Einhornismus maßgeblich geprägten Kultur leben, wären die von Ihnen polemisch gestellten Fragen vollkommen sinnvoll und längst nicht so quatschig, wie sie sich hier lesen (nämlich in eine Kultur, in der der Einhornismus nur ein theoretisches Konstrukt ohne jeden Realitätsbezug ist). Überzeugungen und Ansichten entwickeln sich immer in einer gegenseitigen Beeinflussung mit anderen Überzeugungen und Ansichten, das gilt für den Atheismus genauso wie für alles andere. Und deshalb finde ich meine Fragen gar nicht so absurd – wobei es ja schon reicht, dass ICH an Gott glaube, und mich deshalb interessiert, warum andere das nicht tun, wohingegen der Einhornismus mir persönlich vollkommen egal ist.
Ich sehe das naturgemäß anders, aber ein Nachtragspost zum Thema läßt mich immerhin von einem schlechten, geschmacklosen Witz über verletzte Gefühle absehen.
... und die heiligen drei Zeitleser
Bei dem Zeittext Maria und Josef in Neukölln, der mir gestern mehrmals in die diversen Timelines gespült worden ist, bekomme ich das kalte Kotzen. Letztes Jahr, als die beiden Journalisten durch Frankfurts Speckgürtel getourt sind, bin ich noch Abonnent dieser Wochenzeitschrift gewesen. Solch eine gefühlige Vorweihnachtsschreibe hat mir wieder vor Augen geführt, warum ich die Zeit abbestellt habe. Für mich zwei Paradebeispiele von Klienteljournalismus mit Herzsimulation, weil wohl weder Managermillionäre noch HartzIV-Empfänger zu Giovanni di Lorenzos Kernzielgruppe gehören.
Darum schlage ich für den nächsten Advent vor, sich für Teil drei mal dort umzuschauen, wo die bildungsbürgerlichen Zeitleser überproportional häufig vertreten sind.
tw/in
Jetzt regen Sie sich alle über die geänderten ToS bei Instagram auf - ausgerechnet auf Twitter. Ich zitiere mal den Abschnitt, der gerade besonders den Unmut vieler User auf sich gezogen hat.
Proprietary Rights in Content on InstagramInstagram does NOT claim ANY ownership rights in the text, files, images, photos, video, sounds, musical works, works of authorship, applications, or any other materials (collectively, "Content") that <strong>you post on or through the Instagram Services. By displaying or publishing ("posting") any Content on or through the Instagram Services, you hereby grant to Instagram a non-exclusive, fully paid and royalty-free, worldwide, limited license to use, modify, delete from, add to, publicly perform, publicly display, reproduce and translate such Content</strong>, including without limitation distributing part or all of the Site in any media formats through any media channels, except Content not shared publicly ("private") will not be distributed outside the Instagram Services.</blockquote>
Und zum Vergleich der betreffende Abschnitt in den Twitter-ToS - dem Medium, über das mich die meiste Schimpfe über den von Facebook akquirierten Photodienst erreicht hat. (Beide Hervorhebungen von mir.)
5. Your RightsYou retain your rights to any Content you submit, post or display on or through the Services. By submitting, posting or displaying Content on or through the Services, you grant us a worldwide, non-exclusive, royalty-free license (with the right to sublicense) to use, copy, reproduce, process, adapt, modify, publish, transmit, display and distribute such Content in any and all media or distribution methods (now known or later developed).
Liest sich für mich jetzt nicht sooo unterschiedlich. Eher so, als hätte der eine vom anderen abgeschrieben.
TdM / Nov. 2012
Genau mein Humor. Hat mich total an einen meiner Lieblingscomics auf nichtlustig.de/ erinnert.
Da habe ich „CeleBritney Rehab“ seit Ewigkeiten für den passenden Moment in den Drafts gespeichert und dann hat die Spears den Hit von Amy Winehouse schon gecovert, bevor ich überhaupt auf Twitter gewesen bin.
tl;dt (209)
überlesungen
Dieses zum Teil aggressive Lesen ist wesentlich daraus entstanden, daß ich mich halt unglaublich geärgert habe über so Literatur-Lesungen, das Glas Wasser und so, und dieses Raunen, dieses absolut Asexuelle. Das ist ja eine Unverschämtheit der Sprache gegenüber. Manchmal muß man bei Lesungen einfach erstmal mit dem Abräum-Hammer drangehen.
Thomas Kling, Das brennende Archiv, Suhrkamp Berlin, 1. Auflage 2012, S. 46
Nebelkürzen
Das hat gesessen. Seltsam genug, daß die SPD erst gehandelt hat, als ihr Kanzlerkanditat in die Kritik geraten ist. Natürlich mußte Steinbrück in die Offensive gehen, um nicht noch vor dem Start ums Regierungswechselrennen auf der Strecke zu bleiben. Er konnte das nur, weil er sich rein formell kaum etwas hat zu Schulden kommen lassen. Aber gilt das für alle Abgeordnete der Opposition? Wer glaubt denn nicht, daß dieser Antrag einzig deshalb aus Berechnung eingebracht worden ist, weil man eben um sein Scheitern im Vorhinein wußte? Wenn es der Opposition tatsächlich um die Sache ginge, dann könnten ihre Mitglieder ja dem Vorschlag der @ennomane folgen. Als ob sie irgendjemand davon abhielte, die Zahlen zu veröffentlichen. Sollen sie doch mit gutem Beispiel vorangehen und das rechte Lager wirklich unter Zugzwang setzen, statt mit solch einem wahltaktischen Hütchenspiel um die Ecke zu kommen.@function bleibt abzuwarten, wieviele Abgeordnete von SPD und Grünen ihre Zahlen einfach trotzdem veröffentlichen. #LassDichÜberraschen
— die ennomane (@ennomane) November 9, 2012
Noch seltsamer, daß Steinbrück in den Umfragen abgestraft wird, obwohl die Abgeordneten von CDU/CSU und FDP in Hinsicht auf Nebeneinkünfte sicherlich erklärungsnotdürftiger dastehen dürften als die Kollegen links von ihnen. Es ist mir nahezu unbegreiflich, warum die christlichen Koalitionsführerschaftsparteien gerade jetzt so gut angesehen sind wie im Jahre 2007. Am gerade frisch beschlossenen Betreuungsgeld kann es jedenfalls nicht liegen, das lehnen sowohl die Mehrheit der Bevölkerung als auch jeder ernstzunehmende Familienexperte ab. Selbst konservative Medien nennen es “umstritten” - was auf ungut deutsch soviel heißt wie “totaler Schwachsinn”.
Nach Obamas Wiederwahl kehrt bei der Analyse ein Argument für Romneys Niederlage ständig wieder: die Rückständigkeit der Republikaner sowie ihres Kandidaten. Warum schafft es die SPD dann nicht so recht, Stimmung gegen die Regierung zu machen? Weil man in der SPD nicht modern ist, sondern sich modern positioniert. Das Thema taugt halt gut zum Wahlkampf. Dabei ist die Gesamtlage bei weitem nicht so einfach, wie sie gerne polemisch dargestellt wird. Denn Peer Steinbrück ist bis vor Kurzem nicht gerade durch seine überbordende Kinderliebe aufgefallen. Und nicht alle SPD-geführten Bundesländer bilden die vorbildhafte Speerspitze beim Ausbau der KiTa-Plätze.
Die Bürger kommen derweil mit dem Abwinken gar nicht mehr hinterher.
Alles über meine Butter
Aber: allen gefiel das, überall kam der neue Egostil gut an, bei der Bild-Zeitung genauso wie bei der Taz. Die Phantasie an die Macht, hatte es eben erst geheißen, jetzt waren die Protagonisten dieser einstigen Aufstandsparolenjugend real an die Macht gekommen, noch in Bonn waren Schröder und Fischer, der Turnschuh-Fischer, der blitzschnell zum Dreireiher- und Siegelring-Fischer mutierte Suppenkasper-Fischer, als neue Chefs der rot-grünen Regierung vereidigt worden, und wie war der Stil ihres Auftretens von Anfang an gewesen: unsympathisch, angeberhaft, grobianisch. Und vor allem: mega-autoritär. Die generationengegebene Ablehnung von Autorität hatte zu einer in der Praxis grotesken, an Blindheit grenzenden Unfähigkeit zur Einsicht in alle komplizierter austarierten Selbsteinschränkungsmechanismen realer Macht- und Herrschaftsausübung geführt, der Basta-Kanzler-Stil regierte, selbstgefällig dröhnend, die Politik, die Wirtschaft, die Chefs.
Rainald Goetz, Johann Holtrop, Suhrkamp Berlin, 1. Auflage 2012, S. 154
sprech
Wer das Blog von Anatol Stefanowitsch nicht lesen kann oder will (was mir persönlich komplett unverständlich wäre, aber ich habe ja auch in der Fachecke studiert), dem sei dieser Vortrag unbedingt anempfohlen. Hier wird anschaulich und von Grund auf erklärt, warum ein Wort nicht nur ein Wort ist und was es so immer an Bedeutung mit sich herumschleppt. Es kann nämlich nie schaden, den eigenen Sprachgebrauch zu reflektieren.
(Kann man sich auch ohne Bild ganz gut anhören, fand ich.)